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14.11.2020

Blended Learning: Das Präsenz- und Online-Lernen verzahnen

Blended Learning: Das Präsenz- und Online-Lernen verzahnen

Immer mehr Unternehmen nutzen die moderne Informations- und Kommunikationstechnik, um sogenannte Blended-Learning-Konzepte in ihrer Organisation zu etablieren. Daraus erwachsen neue Anforderungen an die firmeninternen Aus- und Weiterbilder.

Durch die Corona-Pandemie hat in den Unternehmen neben den Online-Meetings auch das Online-Lernen einen enormen Pusch erfahren. Damit verstärkte sich ein Trend, der schon vor dem Ausbruch der Pandemie bestand, nämlich, dass die Unternehmen im Rahmen ihrer Personalentwicklung verstärkt auf Lehr- und Lernkonzepte setzen, die das Lernen in Präsenzveranstaltungen mit einem computergestützten Lernen verknüpfen.

Ein zentraler Auslöser hierfür war: Der Lernbedarf ist in vielen Organisationen heute aufgrund der rasanten Veränderungen im Unternehmensumfeld so groß, dass er mit Präsenzseminaren allein nicht mehr befriedigt werden kann. Deshalb muss aus Sicht der Unternehmen das Lernen ein integraler Bestandteil der Alltagsarbeit werden.

Digital Natives sind es gewohnt, online zu agieren

Eine solche Entwicklung wird dadurch erleichtert, dass die meisten Mitarbeiter der Unternehmen heute Digital Natives sind. Sie sind es gewohnt, den PC und die mobilen Endgeräte – vom Laptop bis Smartphone – zu nutzen, um sich zu informieren und zu kommunizieren sowie ihre (Zusammen-)Arbeit zu planen. Entsprechend naheliegend ist es für sie, dass diese Tools auch im Rahmen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung genutzt werden.

Dieser Trend wird sich auch fortsetzen, sollte in naher Zukunft ein Impfstoff gegen das Corona-Virus gefunden werden, denn: Die Unternehmen erhoffen sich von dem verstärkten Online-Lernen auch eine Steigerung der Effizienz ihrer Aus- und Weiterbildung. Zu Recht, da zum Beispiel bei Webinaren die bei Präsenzseminaren anfallenden Reisezeiten und -kosten entfallen.

Die mesiten Mitarbeiter in Unternehmen sind heute Digital Natives und es gewohnt, den PC und mobile Geräte dazu zu nutzen, sich zu informieren und zu kommunizieren. - Photo by Miguel Tomás on Unsplash
Die mesiten Mitarbeiter in Unternehmen sind heute Digital Natives und es gewohnt, den PC und mobile Geräte dazu zu nutzen, sich zu informieren und zu kommunizieren. Photo by Miguel Tomás on Unsplash

Entscheidender ist jedoch: Mit der modernen digitalen Lerntechnik lassen sich Lernkonzepte schmieden, die sich leichter in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Ähnlich verhält es sich beim Coachen der Mitarbeiter. Auch bei ihm setzen die Unternehmen verstärkt auf Telefon- und Online-Coaching, denn solche Coachings lassen sich kurzfristiger planen. Und beim Trainieren der Verhaltenssicherheit der Mitarbeiter entdecken die Unternehmen zunehmend die Vorzüge von sogenannten Microlearning-Apps, mit denen die Mitarbeiter das Gelernte einüben und vertiefen.

Online-Lernen: eine Herausforderung für die Wissensvermittler

Soweit so gut! In der Praxis stellt das Einführen von Blended Learning-Konzepten die Unternehmen jedoch vor größere Herausforderungen als zumeist gedacht. In vielen Betrieben herrscht noch die Überzeugung: Hierfür genügt es, die bisherigen Lernkonzepte und -unterlagen auf die Server hochzuladen. Das ist ein Irrtum! Das Implementieren von Blended Learning-Konzepten setzt eine Unternehmenskultur voraus, das diese Art des Lernens und das kollaborative Arbeiten unterstützt. Es erfordert zudem neben der nötigen technischen Infrastruktur die Kompetenz, diese professionell zu nutzen. Außerdem setzt es innovative Lernkonzepte und eine entsprechende Content-Entwicklung voraus. Und mit am wichtigsten ist das Bewusstsein: Beim Blended Learning muss sich auch das Selbstverständnis der Trainer und Wissensvermittler wandeln.

Dies auch aus folgendem Grund: Die meisten größeren Unternehmen beschäftigen zwar auch Fulltime-Trainer. Das Groh ihrer Wissensvermittler sind jedoch Führungskräfte auf der operativen Ebene oder berufserfahrene Spezialisten, die nur zuweilen in die Trainerrolle schlüpfen, beispielsweise wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet oder Problemlösungen im Unternehmen eingeführt werden sollen. Für die meisten firmeninternen Trainer ist das Trainieren also eine Zusatzaufgabe. Sie sind zudem keine ausgebildeten Pädagogen, sondern wurden gerade wegen ihres Fachwissens und ihrer beruflichen Erfahrung als Fachtrainer ausgewählt.

Change-Projekt: Einführung von Blended Learning

Speziell diese Parttime-Trainer fühlen sich oft überfordert, wenn sie künftig ihre Kollegen auch online trainieren sollen. Sie kämpfen in der Regel mit zahlreichen technischen, methodisch-didaktischen, aber auch (selbst-)organisatorischen Fragen und Problemen. Und oft wird ihnen firmenintern bei deren Bewältigung zu wenig Unterstützung gewährt, denn: Viele Unternehmen verkennen, dass es sich beim Einführen des Blended Learning um ein Change-Projekt handelt, das auf das Schaffen einer neuen Lernkultur in der Organisation abzielt.

Blended Learning bedeutet nicht, einfach die bisherigen Lernkonzepte und -unterlagen auf die Server hochzuladen. - Photo by JESHOOTS.COM on Unsplash
Blended Learning bedeutet nicht, einfach die bisherigen Lernkonzepte und -unterlagen auf die Server hochzuladen. Photo by JESHOOTS.COM on Unsplash
Online trainieren erfordert viele neue Kompetenzen

Sie unterschätzen zudem häufig, wie viele neue Kompetenzen ihre Trainer beim Online-Trainieren und Coachen brauchen. Nicht bewusst ist ihnen, dass sie unter anderem in folgenden Bereichen neue Skills benötigen:

  • Digitaltechnik: Die Trainer müssen die Möglichkeiten, die ihnen und ihrem Unternehmen die neuen, digitalen Lerntechnologien bieten, realistisch einschätzen und die Technik professionell nutzen können.
  • Selbstverständnis: Die Trainer müssen sich – wie die Teilnehmer – als Lernende begreifen, die ihr (bisheriges) Trainerverhalten reflektieren und Schritt für Schritt den veränderten Rahmenbedingungen anpassen.
  • Methodik und Didaktik: Die Trainer müssen u.a. einschätzen lernen, welche Lerninhalte und Skills mit der modernen Technik vermittelbar sind (und welche nicht). Sie müssen zudem die Lerninhalte so aufbereiten und präsentieren können, dass die Lernziele auch erreicht werden, wenn das Lernen online und im Selbststudium erfolgt.
  • (Selbst-)Organisation: Die Trainer müssen unter anderem ihren Arbeitsalltag so strukturieren können, dass sie die Lerner in ihrem Lernprozess unterstützend begleiten können, obwohl diese oft an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten lernen.
Die Blended Learning-Trainer aus- und weiterbilden

Unternehmen sollten ihren Trainern in einer Blended-Learning-Ausbildung, in der sie auch die neue Lerntechnologie aktiv nutzen, die ihnen noch fehlenden Skills vermitteln. Diese Ausbildung sollte modular aufgebaut sein, so dass auf die Präsenz- und Online-Lernmodule stets Transferphasen folgen, in denen die Trainer das Gelernte in der Praxis einüben. Hierbei sollten sie von einer Person gecoacht werden, die bereits viel Erfahrung im Trainieren mit der neuen Lerntechnologie hat, denn letztlich lautet das Ziel der Trainer-Weiterqualifizierung: Bei den Trainern soll eine so große Verhaltenssicherheit im Umgang mit der neuen Lerntechnologie entstehen, dass sie beim Online-Trainieren und -Coachen nicht primär mit der Technik kämpfen, sondern sich voll auf den Lernprozess und die Lerner konzentrieren können.

© pixabay.com/Gerd Altmann
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Anforderungen an Blended-Learning-Trainer: Ein Fallbeispiel

Wie vielfältig die Herausforderungen sind, mit denen firmeninterne Trainer, die ihre Kollegen auch online trainieren sollen, konfrontiert werden, sei an einem Fallbeispiel illustriert.

Der firmeninterne Parttime-Trainer Kurt Weber (Name geändert) ist ein erfahrener Controller. Als solcher schult er auch (neue) Kollegen. Bisher tat der 48-jährige dies in Präsenzseminaren. Doch nun entschied die HR-Abteilung: Die Aus- und Weiterbildung soll künftig weitgehend mit Blended-Learning-Konzepten erfolgen. Das Unternehmen implementierte hierfür ein Lernmanagementsystem (LMS). Den Trainer verunsichert diese Entscheidung, denn seine Trainertätigkeit verändert sich dadurch stark. Künftig wird er mit den Lernern zumeist mittels PC und Kamera kommunizieren. Daraus resultieren viele neue An- und Herausforderungen an ihn.

Seminarplanung und -design: Der firmeninterne Trainer muss sich für seine Seminarinhalte Lernziele überlegen und daraus ableiten, welche Inhalte er künftig online vermitteln kann. Er muss zudem der HR-Abteilung für jedes Lernmodul ein schriftliches Design vorlegen und sich vorab auf die genaue Abfolge der Inhalte sowie ein bestimmtes methodisches Vorgehen festlegen. Das widerspricht seiner bisherigen Arbeitsweise, bei der er oft situativ über das weitere Vorgehen entschied.

Lernplattformen nutzen und Webinare halten: In einem Online-Tutorial lernt Weber die Lernplattform zu bedienen. Dabei merkt er, dass er sich für das optimale Gestalten von Webinaren auch mit folgenden Fragen befassen muss:

  • Welche Gestaltungsmöglichkeiten bietet mir die Webinar-Plattform (Whiteboard-Funktion, Chat, Umfragetool, Bildschirm teilen usw.)?
  • Wie lange sollte ein Webinar dauern?
  • Wie kann ich die Teilnehmer in den Prozess so einbinden, dass sie online bleiben?

Der Trainer spürt zudem: Das Arbeiten vor einer Kamera ohne direkten Augenkontakt mit den Teilnehmern ist für mich ungewohnt. Es erfordert Übung.

Vertonte Bildschirmaufnahmen und Lernvideos: Im Online-Tutorial erfährt Weber, dass man mit PowerPoint-Folien vertonen und das Kamerabild aufnehmen kann. Beim Anschauen der ersten Aufnahmen merkt er, dass er zu viel und lange spricht und seine Botschaften zuweilen nicht klar genug formuliert. Ihm wird bewusst, dass er sich auch mit den Themen Videoaufnahme und -schnitt befassen muss.

Lernunterlagen produzieren: Bisher genügten als Seminarunterlage für die Teilnehmer ein Ausdruck der PowerPoint-Folien. Für ein Selbststudium reichen diese Infos nicht. Also gilt es, zusätzliche schriftliche Unterlagen zu erstellen und diese ins LMS hochzuladen. Hierfür muss sich der Parttime-Trainer unter anderem überlegen: Welche Länge und Gliederung ist für die Texte optimal und wie lassen sich die Inhalte visualisieren?

Wissensüberprüfungen erstellen: Um den Lerntransfer zu überprüfen, soll Weber auch eine Wissensüberprüfung mit Multiple-Choice-Fragen erstellen. Dabei fragt er sich oft: Sind die Fragen zu leicht oder zu schwer? Für einen Themenbereich entwirft er zudem eine Fallarbeit. Die Teilnehmer sollen ihre Lösung als Dokument auf die Lernplattform hochladen. Danach sollen sie binnen einer Woche ein schriftliches Feedback erhalten.

Klare Vorgaben machen: Die ersten Rückmeldungen zur Fallarbeit überraschen Weber: Manche Teilnehmer schreiben fünf Sätze, andere zehn Seiten. Weber erkennt, dass er genauere Vorgaben machen muss. Zudem muss er sich ein klares Bewertungsschema für die Fallarbeit überlegen und dieses den Teilnehmern vorab mitteilen.

Schriftliches Feedback geben: Auch das schriftliche Feedback ist keine leichte Aufgabe. Der Trainer muss dabei einerseits die Feedbackregeln beachten und sich andererseits so klar ausdrücken, dass die Teilnehmer verstehen, was gemeint ist. Die schriftliche Feedback-geben dauert deutlich länger als gedacht.

Die obige Schilderung nennt nur einige der neuen Anforderungen an Trainer, wenn Unternehmen Blended-Learning-Konzepte in ihrer Organisation etablieren möchten. Die hierfür nötigen Kompetenzen gilt es ihnen zu vermitteln.

(Autorin: Sabine Prohaska, Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien, dessen Blended-Learning-Trainer-Ausbildung mit dem BDVT-Trainingspreis in Gold 2018/2019 ausgezeichnet wurde. Die nächste offene Blended-Learning-Trainer-Ausbildung startet am 7. Januar 2021 (www.seminarconsult.at).

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