Kommentar Wirtschaft
© piabay.com/jotoler
02.02.2022

CO₂-Grenzausgleich könnte Unternehmen zwei Milliarden Euro kosten

CO2-Grenzausgleich könnte stahl- und metallverarbeitende Unternehmen zwei Milliarden Euro kosten

Zwei Milliarden Euro Zusatzkosten könnten auf stahl- und metallverarbeitende Zulieferer zukommen – als Folge des von der EU-Kommission vorgeschlagenen europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Das ist das alarmierende Ergebnis einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zu den Auswirkungen des Carbon Border Adjustment Mechanism – kurz CBAM. Er würde die Stahlhütten vor ausländischer Konkurrenz mit größeren CO2-Belastungen bei geringerem CO2-Preis schützen, die Stahlverarbeiter aufgrund steigender Vormaterialkosten aber in den Ruin treiben. Und das Abwanderungsrisiko stark erhöhen. Auftraggeber der Untersuchung ist der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM). Er fordert von der EU-Kommission dringend Nachbesserung und die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette.

EU-Vorschlag greift zu kurz

„Der EU-Vorschlag vom 14. Juli 2021 greift zu kurz“, kritisiert WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer. „Nur mit ganzheitlichem Blick auf alle Akteure der Lieferkette lässt sich ein Carbon-Leakage verhindern.“ Das IW Köln rechnet vor, dass sich die Kosten der Stahlverarbeiter in Deutschland um zwei Milliarden Euro und etwa 3,5 Prozent der Wertschöpfung der Branche erhöhen würden, „wenn der CO2-Preis auf Stahl dank Grenzausgleich und damit verbundenem Wegfall der kostenfreien Zuteilung von Emissionszertifikaten voll durchschlägt.“ Diese fatale Entwicklung würde die komplette, rund zweiprozentige Umsatzrendite der Stahlverarbeiter schlucken, zumal die meist mittelständischen Betriebe die Kosten nicht weitergeben können. Sie wären nicht mehr wettbewerbsfähig.

Verteuerung könnte unzählige Arbeitsplätze kosten

Unzählige Jobs wären damit in Gefahr – die zehn am stärksten von hohen Stahlpreisen betroffenen Branchen stellen ein Sechstel der deutschen Arbeitsplätze. Einen ähnlichen Negativeffekt hatten vor ein paar Jahren die Stahlzölle in den USA: Sie sicherten laut Schätzungen rund 1.000 Jobs in der Stahlproduktion, vernichteten aber 75.000 in nachgelagerten Branchen.

CBAM: Im Prinzip gut, aber einseitig

Der Verband bezweifelt nicht die Notwendigkeit des Grenzausgleichs. Vietmeyer: „Der Ansatz ist im Prinzip gut. Klimaschutz ist für die europäische Industrie teuer – sie verringert ihre CO2-Emissionen durch Investitionen und bezahlt einen steigenden CO2-Preis. Wenn sie am Standort weiter produzieren soll, braucht sie international vergleichbare Wettbewerbsbedingungen und den Schutz vor günstiger hergestellten Importprodukten.“ Gefährlich ist die einseitige Begrenzung des Ausgleichs auf die pure Erzeugung von Zement, Aluminium und Stahl.

Exportnachteile ausgleichen – Stahl- und Metallverarbeiter führen 25 Prozent aus

Stahl- und Metallverarbeiter wären auch auf internationalen Märkten benachteiligt, da der Grenzausgleich nur für Importe vorgesehen ist. Die stahlverarbeitende Industrie exportiert aber ein Viertel ihrer Produktion in Staaten außerhalb der EU, weitere 25 Prozent entfallen auf Produkte, die wiederum ausgeführt werden. „Sie ist auf den Export angewiesen – ohne Rabattierung der Kosten kann sie auf den Weltmärkten aber nicht mehr konkurrieren“, unterstreicht Christian Vietmeyer.

Der WSM vertritt stahl- und metallverarbeitende Branchen mit rund 5.000 Unternehmen und circa 400.000 Mitarbeitern. Hier seine Forderungen auf einen Blick:

  • Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette einschätzen: Die EU-Kommission muss die Auswirkung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus auf allen Stufen eingehend prüfen. Ziel ist die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit nachgelagerter Industrien.
  • Carbon-Leakage verhindern: Nur die ganzheitliche Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette kann die Abwanderung bei nachgelagerten Verarbeitungsstufen vermeiden. Und so die Arbeitsplätze in der Stahl- und Metallverarbeitung sichern.
  • Exportkosten rabattieren: Diese Maßnahme erhält die Wettbewerbsfähigkeit stahlverarbeitender Industrien auf den Weltmärkten.

Das Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft können Sie sich nachfolgend als PDF-Datei herunterladen:

(Quelle: Presseinformation des WSM – Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V.)

Schlagworte

MetallverarbeitungStahlverarbeitungWeltmarktWettbewerbsfähigkeit

Verwandte Artikel

Zerspanungsqualität
26.01.2025

Cogne steigert Wettbewerbsfähigkeit durch neue Ultra-Qualität

Wo gedreht wird, fallen Späne: Höherer Zerspanungsstandard ebnet Weg in die Zukunft.

Edelstahl Industrie Stahlverarbeitung Zerspanung
Mehr erfahren
19.01.2025

Stahlbranche in der Kostenfalle

Um der mittelstandsgeprägten metallverarbeitenden Industrie zu helfen, bieten die Metalltechnologie-Experten von Laserhub einen praktikablen Lösungsansatz.

Stahlindustrie Stahlverarbeitung
Mehr erfahren
30.12.2024

Metallindustrie: Neue Studie zu den Umweltrisiken der globalen Lieferketten

Das Bundesumweltamt hat eine neue Studie veröffentlicht, die die Umweltrisiken der globalen Lieferketten der Metallindustrie untersucht.

Lieferketten Metallbearbeitung Metallindustrie Metallverarbeitung Umweltrisiken
Mehr erfahren
Mit der Investition in eine weitere Anlage von MicroStep Europa sind die Geschäftsführer Gerhard Schmid und Marie-Theres Schöpf sehr zufrieden, „bei MicroStep Europa wissen wir, dass man sich darauf verlassen kann, dass uns gleich geholfen wird“, so Schöpf.
28.12.2024

Investition in weitere Laserschneidanlage von MicroStep Europa

Aufgrund der guten Auftragslage und der gestiegenen Kundenanforderungen, insbesondere in der Automobilbranche, entschied sich die Schmid OG in Fulpmes in Tirol ist snun f...

Laserschneiden Laserstrahlschneiden Metallverarbeitung Schneidtechnik
Mehr erfahren
20.12.2024

Studie: Die Stahlindustrie am Scheidepunkt

Eine aktuelle Studie unterstreicht die zentrale Rolle der Stahlindustrie für industrielle Netzwerke, gesamtwirtschaftliche Resilienz und einen starken industriellen Mitt...

Dekarbonisierung Stahlindustrie Stahlstandort Deutschland Stahlverarbeitung Wirtschaftsstandort Deutschland
Mehr erfahren