Deutsche Unternehmen beklagen zunehmende Handelshemmnisse
Der russische Angriff auf die Ukraine und die daraus resultierenden Folgen für die Wirtschaft wirken wie ein Brennglas auf die Lage der auslandsaktiven deutschen Unternehmen: Schon vor Kriegsbeginn sind sie weltweit immer öfter auf Handelshemmnisse gestoßen, wie die diesjährige Umfrage „Going International“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt.
An der Erhebung hatten sich in der ersten Februarhälfte rund 2.700 grenzüberschreitend tätige Unternehmen beteiligt. Gut die Hälfte (54 Prozent) davon spüren nach eigenen Angaben eine akute Zunahme von Hürden bei ihren internationalen Geschäften.
„Das sind noch einmal mehr als im Jahr 2020 mit seinen zahlreichen Corona-Lockdowns und zugleich der höchste Wert, den wir in den vergangenen zehn Jahren gemessen haben“, kommentiert DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Ergebnisse. Zum Vergleich: 2017 hat noch nicht einmal ein Drittel der Unternehmen eine Zunahme von Handelshemmnissen registriert. „Auch das war schon viel“, so Treier. „Wir hätten allerdings damals nicht erwartet, dass sich der Wert innerhalb von fünf Jahren kontinuierlich nach oben schraubt. Trotz der weiterhin stabilen Exportzahlen stößt die deutsche Wirtschaft im weltweiten Handel häufiger an Grenzen – und das im wahrsten Sinne des Wortes.“
Auf der Liste der größten Handelshemmnisse standen – vor dem Krieg in der Ukraine – die von 24 Prozent genannten Sanktionen auf Platz vier. Als noch weit hinderlicher hatten die Unternehmen im Februar jedoch die Faktoren „Lokale Zertifizierungsanforderungen“ und „verstärke Sicherheitsanforderungen“ (jeweils 49 Prozent) sowie "intransparente Gesetzgebung" (33 Prozent) und Zölle (32 Prozent) empfunden.
Und Hoffnungen auf einen Aufwärtstrend in diesem Jahr gab es – trotz voller Auftragsbücher – schon im Erhebungszeitraum nicht: „Für 2022 rechnen 18 Prozent der Betriebe mit einem Plus für ihr Auslandsgeschäft, aber 21 Prozent mit einem Minus", berichtet Treier. "Besser als in den beiden Vorjahren, aber im Saldo negativ.“
Das allseits erwartete kräftige Aufholwachstum nach dem Corona-Tief 2020 bleibt damit aus. Stattdessen drohen sich die während der Pandemie entstandenen Handelshemmnisse zu verfestigen und den schon vorher feststellbaren Hang zum Protektionismus zu beschleunigen. Hinzu kommen nun die gegen Russland verhängten Sanktionen mit ihren noch unklaren Folgen für den Welthandel.
Das bisher vom DIHK in seiner Konjunkturumfrage prognostizierte Exportwachstum von sechs Prozent für 2022 "ist nicht mehr zu schaffen", so Treier. Immerhin blicken die Unternehmen auf hohe Auftragsbestände. Um diese abzubauen, muss es allerdings gelingen, die Probleme in den Lieferketten zu lösen.
Die kompletten Ergebnisse der Umfrage, die im Februar und damit vor dem Ukraine-Krieg erhoben wurde, gibt es hier zum Download:
(Quelle: Presseinformation des DIHK – Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.)