Trendthema Forschung
TRUMPF und das Fraunhofer IPA sind bis 2025 eine Forschungskooperation eingegangen, um KI-Lösungen in der Blechfertigung zur Industriereife zu bringen. ( - © Fraunhofer IPA, Rainer Bez
11.08.2020

Industriereife für Künstliche Intelligenz

Künftige Projekte sollen KI erklärbar machen

In den nächsten fünf Jahren wollen TRUMPF und das Fraunhofer IPA unter anderem Lösungen für eine bessere Datenqualität in der Produktion entwickeln. Denn hochwertige Daten sind die Voraussetzung, um mit KI eine Effizienzsteigerung zu erzielen. In diesem Zusammenhang beforschen die Partner verstärkt das Thema „Erklärbarkeit von KI“ (engl. Explainable Artificial Intelligence, XAI). Ziel ist, die Arbeitsweise von neuronalen Netzen nachvollziehbar zu machen. Für die Blechfertigung sind solche Ergebnisse von großem Nutzen. Die Ergebnisse der Datenauswertung können die Qualität der Produktion steigern und Kosten und Zeit sparen.

Neue Lösungen stehen kurz vor der Marktreife

Die Zusammenarbeit zwischen TRUMPF und dem Fraunhofer IPA zur digitalen Fertigung ist bereits 2015 gestartet. Erste Ergebnisse stehen jetzt vor der Marktreife. Hierzu gehört das Assistenzsystem „Sorting Guide“ von TRUMPF, das Mitarbeiter beim Absortieren von lasergeschnittenen Blechbauteilen unterstützt. Die KI-Lösung erkennt den Entnahmevorgang und stellt dem Werker automatisch alle notwendigen Informationen für die Intralogistik zur Verfügung. So stellt es zusammengehörende Blechteile in verschiedenen Farben übersichtlich dar, etwa anhand des Auftrags, des Kunden oder des nachfolgenden Bearbeitungsschrittes. Auf diese Weise ersetzt die Lösung Begleitpapiere, spart Zeit und hilft, Fehler zu vermeiden. Um an diese Erfolge anzuknüpfen, setzen die Partner die strategische Kooperation fort.

Sorting Guide: Ein Ergebnis der Kooperation ist der Sorting Guide von TRUMPF, der mittels KI Mitarbeiter bei der Entnahme lasergeschnittener Blechbauteile unterstützt. - © TRUMPF
Sorting Guide: Ein Ergebnis der Kooperation ist der Sorting Guide von TRUMPF, der mittels KI Mitarbeiter bei der Entnahme lasergeschnittener Blechbauteile unterstützt. © TRUMPF
Projektzusammenfassung: Datenqualität für die Produktionsplanung und -steuerung in der Blechfertigung

Zwischen dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und TRUMPF Werkzeugmaschinen besteht eine langfristige Forschungskooperation, die verschiedene Projekte zur Zukunft der Blechfertigung gemeinsam bearbeitet. Die Kooperation selbst hat die Kunden von TRUMPF im Fokus: Diese sollen durch die Ergebnisse ihr Leistungsangebot verbessern und so wiederum ihre Kunden unterstützen.

Kundenanforderungen an die Blechbearbeitung

Die Kunden der Blechfertiger stellen folgende Anforderungen: Die Blechfertigung erfolgt häufig kundenspezifisch und oft als Einzel- oder Kleinserie. Motiviert durch den Onlinehandel aus dem Konsumbereich setzen die Kunden kurze Lieferzeiten bei zuverlässiger Termineinhaltung als selbstverständlich voraus; viele fordern darüber hinaus Expressaufträge. Hinzu kommen ein hoher Preisdruck bei gleichbleibenden oder erhöhten Qualitätsanforderungen.

Herausforderung der Produktionsplanung und -steuerung für Blechfertiger

Eine Vielzahl von Kleinaufträgen mit unterschiedlichsten Fertigungsdurchläufen sind also terminlich (und preislich) einzuplanen sowie im Auftragsdurchlauf „in Echtzeit“ zu überwachen und reaktionsschnell zu steuern. Dies gilt im besonderen Maße für Expressaufträge, die ja bereits zugesagte Aufträge terminlich nicht gefährden sollen.

Datenqualität als Enabler

Vollständige, aktuelle und korrekte Bewegungs- und Stammdaten bilden die Basis einer wirkungsvollen Produktionsplanung und -steuerung (PPS). Diese Erkenntnis ist altbekannt. Doch die Praxis tut sich bis heute erstaunlich schwer, eine angemessene Datenqualität zu erreichen bzw. sicherzustellen: Fehlende, falsche oder zu späte Rückmeldungen zum Auftragsfortschritt oder zum Maschinenzustand sind nach wie vor typisch.

Bewertung der Datenqualität

Um die verfügbare Datenqualität objektiv zu bewerten, entwickelte das Projekt eine Bewertungsmethode zur Datenqualität und wendete diese TRUMPF-intern als auch bei Kunden von TRUMPF anonymisiert an. Ein anschauliches Beispiel bildet die sogenannte „Sternenhimmelanalyse“. Diese vergleicht Datenpaare von Soll- und Ist-Werten und visualisiert die Ergebnisse. So zeigt die Analyse der Bearbeitungsdauern an einer Maschine:

  • Auffällig extrem: Soll- und Ist-Werte weichen auffällig stark voneinander ab (roter Bereich).
    Diese Prozesse sind also sehr unsicher: Dies deutet entweder auf technische Ursachen wie Bearbeitungen im technologischen Grenzbereich hin oder die Mitarbeiter halten Organisationsregeln nicht konsequent ein (Nullwerte weisen auf eine gemeinsame Bearbeitung und Rückmeldung unterschiedlicher Arbeitsvorgänge, sodass für die anderen dann keine Ist-Zeiten rückgemeldet wurden).
  • Auffällig exakt: Entlang der Winkelhalbierenden (gelber Bereich) weichen Soll- und Ist-Werte auffällig gering ab. Hier gilt: Entweder ist die Messgenauigkeit zu gering oder die Mitarbeiter haben die Daten so manipuliert, dass Vorgesetzte möglichst nicht nachfragen.
Die Sternenhimmelanalyse. - © Fraunhofer IPA
Die Sternenhimmelanalyse. © Fraunhofer IPA

Die Analyse der Kundendaten machte große Mängel in der inhaltlichen Datenqualität sowie der Zugriffsmöglichkeiten deutlich. Die Daten waren unvollständig, inkonsistent oder nicht plausibel: Teils waren weniger als 50 Prozent der Daten vollständig; von diesen zeigten wiederum über 30 Prozent inhaltliche Auffälligkeiten (wie oben beschreiben). Darüber hinaus fehlten für wichtige Kenngrößen die Erfassung, sodass auch ihre Bewertung entfiel.

Die Voruntersuchung identifizierte also erhebliche Defizite in der Datenqualität in den untersuchten Unternehmen, eine wirkungsvolle Produktionssteuerung ist so nicht möglich. Zunächst ist also der Schwerpunkt auf die Verbesserung der Datenqualität in der Blechfertigung zu legen.

Trackingsysteme zur Verbesserung der Datenqualität

Grundsätzlich sind organisatorische und technische Maßnahmen denkbar. Um die Mitarbeiter von der lästigen und nicht-wertschöpfenden Routinetätigkeit der Rückmeldung zu entlasten, verfolgte das Projekt die Umsetzung technischer Maßnahmen weiter.

Die Umsetzung der Vision einer weitgehend automatisierten Bewegungsdatenerfassung erfordert ein geeignetes Trackingsystem. Dieses soll den Auftrag auf seinem Produktionsweg verfolgen und die erforderlichen Informationen bereitstellen.

Das von TRUMPF entwickelte System Track & Trace verfolgt den Produktionsweg auftragsgenau, ersetzt so die manuelle Buchung durch den Mitarbeiter und verbessert die Datenqualität deutlich. Erst ein solcher Ansatz schafft die Grundlagen für eine verbesserte PPS und weist den Weg in Richtung einer selbststeuernden Produktion.

Kontakt:

Christian Jauch
Telefon +49 711 970-1816
E-Mail: christian.jauch@ipa.fraunhofer.de

Dr.-Ing. habil. Hans-Hermann Wiendahl
Telefon +49 711 970-1243
E-Mail: hans-hermann.wiendahl@ipa.fraunhofer.de

(Quelle: Gemeinsame Presseinformation der TRUMPF GmbH & Co. KG und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA)

Schlagworte

BlechfertigungKIKünstliche Intelligenz

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