Innovationsfähigkeit entscheidet bei Maschinenbauern über Potenzial zu Produktivitätssteigerungen
Maschinen- und Anlagenbauer weltweit können ihre Produktivität um 30 bis 50 Prozent steigern, indem sie Innovationen in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Lean sowie Digitalisierung und Nachhaltigkeit konsequent nutzen – dem Rückgrat, aus dem die sogenannte „Fabrik der Zukunft“ besteht. Das hat die zweite Ausgabe des „Global Machinery & Equipment Report“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company ergeben.
Von Lieferkettenproblemen über steigende Kundenerwartungen bis hin zu einem verschärften Wettbewerb in sich rasant wandelnden Märkten – Maschinenbauunternehmen stehen in vielerlei Hinsicht unter enormem Druck. Der Fokus der Führungsetagen verschiebt sich infolgedessen zunehmend in Richtung Implementierung von neuen digitalen Tools und Industrie 4.0-Technologien wie KI, Robotik und additiver Fertigung. Ergänzend setzen die Unternehmen auf bewährte Methodiken der operativen Exzellenz.
„Maschinen- und Anlagenbauer verlassen sich oft noch auf die herkömmlichen Ansätze der Lean Production“, erklärt Michael Staebe, Co-Autor der Studie und Leiter der Praxisgruppe Industriegüter und -dienstleistungen in der DACH-Region. „Viele Unternehmen prüfen zwar, welche digitalen Tools sowie Industrie 4.0-Technologien sie nutzen und wie sie am besten von Nachhaltigkeitsmaßnahmen profitieren können – aber sie tun dies meist in organisatorisch voneinander getrennten Silo-Strukturen ohne Gesamtstrategie.“
Um tatsächlich eine erfolgreiche Fabrik der Zukunft zu werden und Produktivitätsgewinne zu erzielen, müssen sich Maschinenbauunternehmen drei entscheidenden Herausforderungen stellen. Erstens sollten sie die neuesten Industrie-4.0-Technologien in ihre bestehenden Produktionsabläufe integrieren. Zweitens müssen sie Operative Technologie (OT) und Informationstechnologie (IT) aus betrieblicher und systemtechnischer Sicht integrieren. Und schließlich ist es von entscheidender Bedeutung, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft mit den allgemeinen Unternehmenszielen in Einklang zu bringen und die Produktionsabläufe daraufhin zu optimieren.
KI wird zur Top-Priorität der Maschinenbauer
Viele Maschinenbauunternehmen fokussieren sich inzwischen auf KI-Lösungen. So gaben im Rahmen weltweiter Bain-Befragungen von Führungskräften aus der Industrie 75 Prozent an, dass für sie die Einführung neuer Technologien wie KI in den Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) oberste Priorität hat. Sind die Unternehmen Erstanwender in puncto KI, setzen sie diese vor allem in der Beschaffung, Montage, Wartung, Qualitätskontrolle und Lagerlogistik ein. Wer hingegen schon auf einige Jahre KI-Erfahrung zurückgreifen kann, nutzt diese Technologie vorzugsweise, um angesichts der anhaltenden makroökonomischen wie geopolitischen Turbulenzen seine Lieferketten resilienter und nachhaltiger zu gestalten.
Während sich die Einsatzmöglichkeiten von KI branchenübergreifend rasant entwickeln, unterstreicht die Bain-Studie das weitreichende Potenzial insbesondere der generativen KI für die Neuausrichtung des Fertigungssektors, seiner Produktivität und seiner Abläufe. So kann generative KI beispielsweise aus unstrukturierten Daten Erkenntnisse generieren, die zu drastischen Leistungsverbesserungen hinsichtlich Produktivität, Kundenservice und finanzieller Performance führen können. Zu den spezifischen Bereichen, in denen Maschinenbauunternehmen KI derzeit besonders effektiv einsetzen, gehören unter anderem die Minimierung von Montagefehlern und eine verbesserte Qualitätskontrolle, die Steigerung der Produktivität und die Straffung des Lagermanagements.
Fokus verschiebt sich von Produkten zu digitalen Lösungen
Das produzierende Gewerbe verbraucht inzwischen mehr Chips und Komponenten für das Internet der Dinge (IoT) als jede andere Branche – was nicht zuletzt darauf hindeutet, dass Maschinenbauer digitale Tools rasch adaptieren. Mehr noch: Diejenigen Unternehmen, die hier bei der Implementierung führend sind, können laut Bain-Studie ihre Gesamtaktienrendite (Total Shareholder Return) im Vergleich zum Branchendurchschnitt sogar verdoppeln.
Angesichts dieser Entwicklung vollzieht sich bei vielen Maschinenbauunternehmen ein Wandel weg von der Herstellung von Standardprodukten für einen globalen Markt, hin zu mehr kundenspezifischen Lösungen, die auf ausgewählte Branchen zugeschnitten sind. Im Rahmen dieser Neuausrichtung konzentrieren sie sich auf eine geringere Anzahl von Kunden in bestimmten Tätigkeitsfeldern, während die Angebotspalette für diese Kunden gleichzeitig erhöht und die Lieferkette dadurch weniger fragmentiert wird.
„Die Märkte der Zukunft definieren sich über die zielgerichtete Bedienung erfolgversprechender Kundensegmente und nicht mehr allein über Produkte“, fasst Maschinenbauexperte Staebe zusammen. „In dieser neuen Ära geht es darum, ganzheitliche Lösungspakete aus Maschine, digitalen Angeboten und damit verbundenen Dienstleistungen zu schaffen. Damit können Maschinenbauer letztendlich einen schwer aufholbaren Wettbewerbsvorteil realisieren.“
Kreislaufwirtschaft mit IoT kombinieren
Neben digitalen Tools hat das Thema Kreislaufwirtschaft an Bedeutung gewonnen. Eine kürzlich durchgeführte branchenübergreifende Bain-Befragung unter weltweit rund 400 Unternehmen hat ergeben, dass 47 Prozent der großen Maschinenbauer in dieser Hinsicht bereits Verpflichtungen eingegangen sind. Die meisten Initiativen bleiben jedoch eng gefasst und konzentrieren sich auf Recycling und Abfallreduzierung. „Viele Unternehmen stufen Kreislaufwirtschaft lediglich als eine Notwendigkeit im Rahmen der Regulierung ein“, so Staebe. „Einige haben sie hingegen bereits als Chance zur Wertschöpfung begriffen.“
Laut der Bain-Studie erzielen Unternehmen, die Kreislaufwirtschaft in ihre Betriebsabläufe integriert haben und mit IoT-Technologien kombinieren, besonders umfangreiche Effizienz- und Nachhaltigkeitsgewinne. Wer bereits über zirkuläre Lieferketten verfügt, profitiert beispielsweise von bis zu 28 Prozent weniger Materialverbrauch, was nicht zuletzt die Abhängigkeit von knappen Rohstoffen reduziert. Zudem sind diese Vorreiter resilienter: So litten zwei Drittel Prozent der Unternehmen mit zirkulären Lieferketten während der Corona-Pandemie nicht unter Einschränkungen – gegenüber nur 2 Prozent bei denjenigen mit herkömmlichem Supply-Chain-Ansatz.
Die IoT-Daten, die in diesem Zusammenhang gesammelt werden, bieten darüber hinaus enorme Möglichkeiten, den Wert und die Lebensdauer unter anderem ihrer Maschinen und Produktionsanlagen so lange wie möglich zu erhalten, die Energieeffizienz zu verbessern und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. „Zirkuläre Geschäftsmodelle sind auf vernetzte Maschinen und die daraus generierten Daten angewiesen“, betont Bain-Partner Staebe. „Führende Unternehmen können mit der richtigen Strategie in den nächsten rund 20 Jahren neue Kundengruppen und Einnahmequellen erschließen sowie ihre Lieferketten widerstandsfähiger machen.“
(Quelle: Presseinformation der Bain & Company Germany, Inc.)
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