KI-basierte Prozessüberwachung beim Rührreibschweißen
Ob Seitenwände von Hochgeschwindigkeitszügen, Batteriewannen von Elektrofahrzeugen oder Tankstrukturen von Trägerraketen: Viele Industriezweige stellen besondere Anforderungen an Fügeverbindungen, sprich Schweißnähte. Für einige Anwendungen hat sich das Rührreibschweißen (kurz FSW, eng. Friction Stir Welding) als besonders innovative Fügetechnik durchgesetzt. Um die Qualität der Nähte schon während des Prozesses zu erfassen und damit Zeit und Kosten bei der nachträglichen Prüfung zu sparen, forscht das KI-Produktionsnetzwerk an der Universität Augsburg mit drei schlagkräftigen Partnern – der BCMtec GmbH, der Grenzebach Maschinenbau GmbH sowie der KUKA AG – an einem zuverlässigen, KI-basierten Prozessüberwachungssystem.
Die Schweißnahtqualität im Fokus
„Rührreibschweißen ist ein vergleichsweise neues und zukunftsweisendes Fügeverfahren: Neben vielen weiteren Vorteilen ist es äußerst energieeffizient, sorgt für hohe Festigkeiten der Schweißnähte und es lassen sich auch schwer verschweißbare Materialien miteinander verbinden“, zählt Dr.-Ing. Thomas Schlech auf. Er ist seitens der Universität Augsburg projektverantwortlich und im dortigen KI-Produktionsnetzwerk zuständig für den Forschungsschwerpunkt „Lernende Fertigungsprozesse“. Auf der anderen Seite sei der Prozess physikalisch sehr komplex, Prozessanomalien und Defekte seien, gerade wenn die Schweißgeschwindigkeit optimiert werden soll, nicht ausgeschlossen. „Abweichungen des Materials bzw. der Form der Fügepartner oder eine nicht optimale Prozessführung können zu Fehlern in der Verbindung führen. Daher kontrollieren Unternehmen die Schweißnähte oft nachträglich in aufwendigen, teils manuellen Prozessen“, erklärt Schlech. Das sei zeit- und kostenintensiv. Deshalb erforschen die Expertinnen und Experten der Universität Augsburg zusammen mit ihren Industriepartnern nun einen verlässlichen Ansatz, den Prozess online und in Echtzeit zu überwachen.
Sensordaten gewähren tiefe Einblicke in den Prozess
Zur Überwachung des Prozesses setzten die Forschungspartner auf den Einsatz unterschiedlicher Sensoren, die die auftretenden Kräfte, Temperaturen und Schwingungen beim Schweißen aufzeichnen und darüber Rückschlüsse auf den Prozess erlauben. Im Fokus steht vor allem die Analyse von Signalen im Ultraschallbereich, die beim FSW entstehen und sich über die Anlage bis zu den Sensoren ausbreiten. „Wir wollen mit dem Projekt eine Forschungslücke schließen: Es gibt noch kein System für das FSW, welches kleinste Fehler und Abweichungen selbstständig erkennt, zuordnet und beurteilt, wie schwerwiegend ein solcher Fehler in der Anwendung sein kann. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Weniger nachträgliches Prüfen spart Zeit und Kosten. Außerdem können die Daten zur Prozessoptimierung genutzt werden“, erklärt Prof. Dr. Markus Sause, Leiter der Lehr- und Forschungseinheit Mechanical Engineering, an der das Projekt uniseitig erforscht wird.
Von komplexen Daten zur Prozessinformation
Künstliche Intelligenz bzw. überwachtes Maschinelles Lernen kommt im Projekt dann ins Spiel, wenn es darum geht, die umfangreichen Sensordaten zu interpretieren, die sowohl an Anlagen der Industriepartner als auch an denen des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg an Prozessen im industriellen Maßstab generiert werden. Die Forschenden werten die Daten aus und ordnen sie Vorgängen im Schweißprozess zu. Bestimmte Muster in den Sensordaten können dann darauf hinweisen, dass eine Schweißnaht nicht sauber ausgeführt wurde. Schlech: „Ähnlich einem Lehrer bringen wir unserem System mit unseren Daten die Bedeutung bestimmter Signal-Kombinationen bei. Das Überwachungssystem lernt so den Zusammenhang zwischen Sensorsignalen und dem Auftreten von Abweichungen in Schweißnähten. Sobald das Training abgeschlossen ist, kann das Modell Aussagen über die Nahtqualität nur anhand der Sensorsignale treffen. Übergibt man dem System die Signale nun bereits während des Prozesses, kann ein Fehler sofort erkannt, verortet und klassifiziert werden.“ Ein Prüfer muss dann, wenn überhaupt, nur diese kritischen Stellen nach dem Prozess genauer untersuchen und nicht die komplette Schweißnaht.
„Das geplante Projekt spiegelt genau das wider, was wir mit dem KI-Produktionsnetzwerk erreichen wollen. Wir können unsere Forschungsexpertise im Bereich KI in der Produktion gezielt in einem industriellen Kontext einbringen, um Unternehmen aus der Region zu stärken. Im Gegenzug eröffnet uns die industrielle Kooperation und Vernetzung mit unseren Partnern ein interessantes über das Projekt hinausgehendes Forschungsfeld“, resümiert Sause.
Das Vorhaben wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie bewilligt im Rahmen der Förderlinie Digitalisierung Bayern (VDI/VDE-IT).
(Quelle: Presseinformation der Universität Augsburg)
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