Forschung
Am ACCESS@KIT können Studierende mit zweidimensionalen taktilen Bildschirmen arbeiten. - © Andrea Fabry, KIT
10.02.2023

MINT: Leichterer Zugang zu barrierefreien Materialien

MINT: Leichterer Zugang zu barrierefreien Materialien

MINT-Studiengänge sind für Studierende mit Sehbeeinträchtigung aufgrund der mathematischen Anteile eine große Herausforderung: Formeln, Diagramme und grafische Inhalte werden visuell dargestellt und sind daher nicht mit Vorlesesoftware zugänglich. Bisher können nur wenige Hochschulen professionelle Unterstützung bei der Aufbereitung dieser Inhalte bieten. Eine zentrale Plattform, die informiert und barrierefreie Materialien zur Verfügung stellt, ist Ziel des Projektes „Math4VIP“. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bringen dabei ihre Expertise in digitaler Barrierefreiheit und Assistiven Technologien ein.

Betroffene Studierende sind bislang meist von Assistenzen abhängig, die sie sich selbst aneignen müssen. Dabei sind sie häufig weitgehend auf sich allein gestellt, was sich negativ auf ihren Studienerfolg auswirken kann. Ändern will dies das Team des Projektes „Math4VIP – Eine neue Dimension in der Barrierefreiheit mathematischer Lehrinhalte für sehbeeinträchtigte Studierende in den MINT-Fächern“, in dem Professorin Ilka Agricola, Mathematikerin an der Philipps-Universität Marburg, und Dr. Thorsten Schwarz vom Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien des KIT (ACCESS@KIT) zusammenarbeiten.

Neue Standards, Materialien und Leitfäden für mehr Barrierefreiheit

Ihr gemeinsames Ziel ist eine zentrale Plattform, die Informationen über den barrierefreien Zugang zu Mathematik und über die notwendigen Schritte zur barrierefreien Aufbereitung mathematischer Inhalte für Studierende mit Sehbeeinträchtigung bereitstellt. Dabei werden neue Standards entwickelt, Materialien entsprechend der Standards erstellt, Leitfäden verfasst und bekannt gemacht. 

© pixabay.com/Gerd Altmann
© pixabay.com/Gerd Altmann

„An jeder einzelnen Universität studieren nur wenige Studierende mit starker Sehbehinderung, so dass man oft auf kurzfristige ad-hoc-Lösungen zurückgreift. Dies wollen wir ändern und so gemeinsam ein Portal schaffen, das einen echten Mehrwert im deutschen Sprachraum liefert“, sagt Projektleiterin Agricola. Angehörige anderer Hochschulen können darin dann eigene Materialien hochladen und so zum Wachstum der Datenbank beitragen. Insgesamt sollen Studierende mit Sehbeeinträchtigung aus dem deutschen Sprachraum so leichteren Zugang zu barrierefreien Materialien erhalten, unabhängig davon, an welcher Hochschule sie studieren.

ACCESS@KIT unterstützt Studierende mit Sehbehinderung seit über 35 Jahren

Am KIT berät und unterstützt das Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien (ACCESS@KIT) seit mehr als 35 Jahren Studierende und Studieninteressierte mit Sehbehinderung und Blindheit in allen am KIT angebotenen Studienfächern. Zugleich engagiert sich das ACCESS@KIT in Forschung und Lehre. “Wir entwickeln, auch gemeinsam mit unseren Studierenden, neue Zugänge zu allen in MINT-Fächern relevanten Gebieten. Das gilt besonders für die Mathematik: Die Aufbereitung der notwendigen Grafiken in eine taktile Version ist bei uns einzigartig”, erläutert Schwarz. Dafür stehen am ACCESS@KIT ein Labor für verschiedenste Drucktechniken und ein Arbeitsraum für Studierende mit modernsten Ausgabegeräten, zum Beispiel zweidimensionale Brailledisplays, zur Verfügung. Pro Jahr werden am ACCESS@KIT über 20.000 taktile Grafiken erstellt, dazu kommen 3D-Modelle aus Kunststoff und Holz. “Diese langjährige Erfahrung bringen wir in Math4VIP ein, um die wegweisende Standardisierung textueller Beschreibungen von Grafiken und Formeln mitzugestalten”, so Schwarz.

Initiative Pioniervorhaben: Impulse für das Wissenschaftssystem

Die Volkswagen-Stiftung fördert das Projekt Math4VIP in der Förderlinie „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ für drei Jahre mit einer Gesamtsumme von etwa 500.000 Euro. Mit diesem Förderangebot möchte die Stiftung Experimentierräume für grundsätzliche Neuerungen und wesentliche Verbesserungen in Bereichen des deutschen Wissenschaftssystems schaffen. Dazu sollen vielversprechende Ideen für Pioniervorhaben aus der wissenschaftlichen Community aufgegriffen und gefördert werden.

Weiterer Pressekontakt: Philipps-Universität Marburg, Hochschulkommunikation, E-Mail: pressestelle@uni-marburg.de

(Quelle: Presseinformation des KIT – Karlsruher Institut für Technologie)

Schlagworte

FachkräftemangelFachkräftequalifizierungIngenieurwissenschaftenMINT-Fächer

Verwandte Artikel

29.06.2024

Nehmen Chefs ihre Geräte wichtiger als ihre Mitarbeitenden?

Weil Maschinen ihre Arbeit zuverlässig erledigen, investieren einige Firmenverantwortliche Unmengen in ihre Gerätschaften. Personal klassifizieren sie als Kostenblock. Is...

Automatisierung Digitalisierung Fachkräftemangel Mitarbeiterführung
Mehr erfahren
23.06.2024

Meister- und Techniker-Abschluss: Ein Gehaltsturbo für den Karrierestart

Führungskräfte mit einem Abschluss als Meister oder Staatlich geprüfter Techniker sind nicht nur am Arbeitsmarkt besonders gefragt. Sie verdienen über einen langen Zeitra...

Arbeitsmarkt Fachkräftemangel Fachkräftequalifizierung
Mehr erfahren
13.06.2024

Weltbank-Prognose: 20 Prozent Wachstum durch Geschlechter-Gleichstellung

Laut einer Prognose der Weltbank stiege das BIP im Durchschnitt pro Kopf um knapp 20 Prozent weltweit, wenn die Beschäftigung von Frauen das gleiche Niveau wie das von Mä...

Arbeitsmarkt Fachkräftemangel Gleichstellung Robotik
Mehr erfahren
Eine Errungenschaft der MINT-Disziplinen sind Nebelfänger-Netze, mit denen in sehr trockenen Gebieten Trinkwasser gewonnen werden kann. Die feuchte nächtliche Luft kondensiert an den Kunststoffnetzen. Drei bis zehn Liter Wasser pro Quadratmeter Netz können so pro Tag gesammelt werden.
12.06.2024

Robotern das Laufen beibringen

Beim Bildungsprogramm COACHING4FUTURE geben Coaches geben Einblicke in Zukunftsthemen und damit verknüpfte Berufsbilder, um über Ausbildungsmöglichkeiten in den MINT-Disz...

Fachkräftegewinnung Fachkräftequalifizierung MINT-Fächer Nachwuchsförderung
Mehr erfahren
Steffen Wagne wird neuer SLV-Leiter in Halle (Saale).
DVS Group
06.06.2024

Steffen Wagner ist zukünftiger Geschäftsführer der SLV Halle GmbH

Steffen Wagner wurde zum SLV-Leiter berufen. Ab dem 1. Juli 2024 fungiert Wagner zusammen mit Prof. Keitel als Geschäftsführer.

Ausbildung Entwicklung Fachkräftequalifizierung Forschung Qualitätssicherung Schweißtechnik Werkstofftechnik
Mehr erfahren