Schweißen ohne Absaugung ist ein No-Go
Oft stehen oder sitzen Schweißer nah an ihrem Werkstück, den Kopf mit Rauchgasen umhüllt. Wird viel und lange geschweißt, verteilen sich diese Partikel in der gesamten Umgebungsluft. Das bedeutet, dass nicht nur der Schweißer selbst, sondern auch alle anderen Kollegen mit ihm in der Halle dem Schweißrauch unmittelbar ausgesetzt sind. Das ist ein absolutes No-Go! Daher gibt es seitens des Gesetzgebers entsprechende Vorschriften zur Schweißrauchabsaugung. Und auch dort, wo geschweißt wird, ändert sich zunehmend das Bewusstsein gegenüber der Gesundheit der Schweißer. Immer mehr Unternehmen setzen sich mit dem Thema auseinander. Für manche bedeutet das, die erforderliche Absaugtechnik und damit ein für seine Anforderungen passendes Schweißrauch-Absauggerät zu finden, das die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. In diesem Artikel können Sie nicht nur nachlesen, welche Vorschriften zur Schweißrauchabsaugung mittlerweile in Deutschland gelten, sondern auch, was man als produzierendes Unternehmen, das Schweißer beschäftigt, für die Gesundheit seiner Mitarbeiter tun kann – und muss.
Die Entstehung von Schweißrauch lässt sich nicht verhindern, denn er gehört zu jedem thermischen Fügeprozess dazu. Je nach bearbeitetem Material enthält dieser jedoch gesundheitsschädliche Partikel, die mit dem Thermikstrom nach oben getragen werden, meist am Kopf des Schweißers vorbei.
Was Schweißrauch so gefährlich macht
Schweißrauch setzt sich aus unterschiedlichen Gasen und kleinsten Staubpartikeln unter 1 μm zusammen. Manche liegen sogar unter 0,1 μm, was sie zu sogenannten Nanopartikeln macht. Die Partikel der Gefahrenstoffe sind in ihrer Größe unterschiedlich und werden in sogenannten E-Staub und A-Staub unterteilt. E-Staub – früher auch Gesamtstaub genannt – hat eine Partikelgröße überwiegend kleiner 10 μm und kann beim Einatmen über die Atemwege aufgenommen werden. Die noch kleineren Partikel des A-Staubs – auch Alveolenstaub genannt – sind sogar in der Lage, bis in die feinsten Lungenbläschen, den Alveolen, vorzudringen und sich dort abzusetzen. Als Folge stören sie den Gasaustausch, was dazu führt, dass Sauerstoff nicht mehr ins Blut abgegeben und Kohlendioxid nicht mehr in die Lunge abgegeben werden kann.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Mehrheit der Rauchgase, die beim Schweißen entstehen, die Größe der gesundheitsgefährdenden A-Fraktion haben. Seit 2014 ist der A-Staub in der TRGS 900 – der Technischen Regel für Gefahrenstoffe hinsichtlich Arbeitsplatzgrenzwerte – aufgenommen und beträgt 1,25 mg/m3.
Manche der Partikel fallen sogar unter den Ultrafeinstaub. Das bedeutet, sie sind so klein, dass sie ohne Probleme durch die Zellmembran hindurch in den Blutkreislauf gelangen können. Es dürfte klar sein, was das bedeutet: Sie haben Einlass in jede einzelne Zelle. Überall im Körper.
Weil es im Schweißrauch jede Menge Metallverbindungen gibt, müssen neben den allgemeinen Staubgrenzwerten außerdem die stoffspezifischen Grenzwerte herangezogen werden. Ein Beispiel dafür sind die Arbeitsplatzgrenzwerte für Mangan und Manganverbindungen mit dem Grenzwert 0,5 mg/m3. Die überwiegend toxisch wirkenden Metallverbindungen haben sehr niedrige Arbeitsplatzgrenzwerte. Will man sie einhalten, unterschreitet man automatisch die allgemeinen Staubgrenzwerte und eine neue Obergrenze entsteht.
Die unterschiedlichen Wirkungen der geschweißten Materialien
Neben vielen anderen Schadstoffen gehören die folgenden zu den schädlichsten Bestandteilen von Schweißrauch: Bleioxide, Eisenoxide, Mangan, Thoriumdioxid, Berylliumoxid, Nickeloxide, Chrom-(VI)-Verbindungen, Ozon, Blausäure, Stickstoffoxid, Phosgen, Formaldehyd, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid.
Unterschiedliche Materialien geben unterschiedliche Partikel frei. Das Schweißen von Baustahl oder Schwarzem Stahl gibt beispielsweise Eisenoxide in die Umwelt ab, die beim Menschen zu Staubablagerungen in der Lunge führen, der sogenannten Schweißerlunge. Edelstahl- und hochlegierte Stähle enthalten Chrom-(VI)-Verbindungen, was zu Krebs in den Atemwegen führen kann. Aluminiumlegierungen mit dem Gefahrenstoff Aluminiumoxid kann eine Aluminiumstaublunge hervorrufen, was bedeutet, dass geschädigte Teile der Lunge ihre Funktion einfach aufgeben.
Doch es gibt Vorschriften und Schutzmaßnahmen es in Deutschland, damit das alles vermieden werden kann.
Das sagt die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
In Anhang I Nr. 2 „Partikelförmige Gefahrstoffe“ fordert die Gefahrstoffverordnung, dass nur solche Einrichtungen verwendet werden dürfen, die Gefahrstoffe an ihren Freisetzungsstellen erfasst werden müssen: „Stäube sind an der Austritts- oder Entstehungsstelle möglichst vollständig zu erfassen und gefahrlos zu entsorgen. Die abgesaugte Luft ist so zu führen, dass so wenig Staub wie möglich in die Atemluft der Beschäftigten gelangt. Die abgesaugte Luft darf nur in den Arbeitsbereich zurückgeführt werden, wenn sie ausreichend gereinigt ist.“
Das bedeutet, wenn als Absaugtechnik bauartgeprüfte Schweißrauch-Absauggeräte der Schweißrauchabscheideklassen W2 und W3 eingesetzt werden, darf deren abgesaugte Luft in den Arbeitsbereich zurückgeführt werden. Hinweise zu den Schweißrauchabscheideklassen sind in der DIN EN ISO 15012-1 zu finden. Sind W2- oder W3-Geräte im Einsatz, muss dafür gesorgt werden, dass genauso viel Außenluft zugeführt werden muss wie bei der Absaugung Umluft zugeführt wird.
Neue Regelungen ab 2020
Die Vorschriften für Schweißrauchabsaugung wurden mit Beginn 2020 angepasst – und mit ihnen die Technischen Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS) 528 – Schweißtechnische Arbeiten. Wer Schweißer beschäftigt, sollte diese wie vorgeschrieben umsetzen. Erst dann kann er garantieren, seiner Verpflichtung zum Schutz des Arbeitnehmers voll und ganz nachzukommen. Die TRGS ist übrigens auch der Maßstab, den die Berufsgenossenschaft anlegt, wenn sie Betriebe besucht. Die Einhaltung der Vorschriften wird in Deutschland von den Berufsgenossenschaften überwacht, die Betriebe besuchen, Messungen durchführen und bei Nichteinhaltung von Grenzwerten ggf. auch Betriebe stilllegen können.
Eine weitere Neuerung ist die DGUV Regel 109-002 „Arbeitsplatzlüftung – Lufttechnische Maßnahmen“ (ehemals BGR 121 aus dem Jahr 2004). Im Gegensatz zur TRGS 528, die sich ausschließlich auf schweißtechnische Arbeiten beschränkt, gilt diese auch für die Bau- und Holzindustrie. Sie enthält nicht nur die Vorgaben, sondern auch viele Informationen und technische Erklärungen für die praktische Umsetzung. Die überarbeitete DGUV-R 109-002 kann bei der DGUV eingesehen werden.
Fokus auf Punktabsaugung
In beide Regelungen ist viel Know-how aus den letzten Jahren zum Thema Schweißrauchabsaugung geflossen, damit Unternehmen Maßnahmen einführen können, um die Grenzwerte für Gefahrenstoffe einzuhalten. Was sich in all dem ganz klar herauskristallisiert, ist der Fokus auf die Punktabsaugung, das heißt die Absaugung des Schweißrauchs am Entstehungsort. Raum-Absauganlagen bzw. Hallenlüftung allein reicht nicht mehr aus. Wer also bereits Besitzer eines Hallenlüftungssystems ist, darf dieses nur noch ergänzend verwenden!
Ideal als Absaugtechnik sind Brenner mit integrierter Rauchabsaugung, die mit mobilen oder stationären Absauggeräten betrieben werden.
Die Grenzwerte am Arbeitsplatz
Unterschiedliche Gefahrstoffe haben unterschiedliche Arbeitsplatzgrenzwerte. Aluminiumoxide, Eisenoxide, Titandioxide und Magnesiumoxid fallen unter den allgemeinen Staubgrenzwert nach TRGS 900. Gefahrstoffe mit sehr toxischen Eigenschaften fallen unter den stoffspezifischen Arbeitsplatzgrenzwert nach TRGS 900. Die aktuellen TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte können bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) eingesehen werden. Für krebserzeugende Gefahrstoffe wie beispielsweise Nickeloxid und Chrom-(VI)-Verbindungen gibt es Mindestanforderungen an die Massenkonzentration oder Massenstrom im Schweißrauch. Bei Nickel und Nickellegierungen darf der Massenstrom 2,5 g/h und die Massenkonzentration 0,5 mg/m3 nicht überschreiten. Bei Chrom und seinen Verbindungen ist ein maximaler Massenstrom von 5 g/h und eine Massenkonzentration von 1 mg/m3 angegeben.
Was passiert mit den aufgefangenen Schadstoffen?
Ist der Feinstaub – und damit die Schadstoffe – erst einmal aus dem Schweißprozess aufgefangen und ausgefiltert, muss er gefahrlos entsorgt werden. Wird die aufgesaugte Luft nach draußen ausgeleitet, muss das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) – dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigung, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge – beachtet werden. Dieses legt als Information die Konzentrationen von Gefahrenstoffen fest, die in die Umwelt entlassen werden dürfen, Details dazu finden Sie hier. Wird die mit dem Schweißrauch aufgefangene Luft wieder in die Umgebung zurückgeführt, muss sie gereinigt werden. Gefahrenstoffmessungen am Arbeitsplatz geben Aufschluss darüber, ob die Grenzwerte eingehalten werden.
Sind die freigesetzten Partikel krebserregend, erbgutverändernd oder stellen eine Gefahr für die Fruchtbarkeit dar, gibt es für die Luftrückführung gesonderten technischen Regeln, die es unter bestimmten Bedingungen erlauben, die gereinigte Luft wieder in den Arbeitsbereich rückzuführen. Diese Bedingungen sind in der „Technischen Regel für Gefahrenstoffe“ TRGS 560 zur „Luftrückführung bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Stäuben“ verfasst, die es seit Januar 2012 gibt. Sie besagt u. a., dass bei Luftrückführung eine ausreichende Frischluftzufuhr sicherzustellen ist und der Anteil der rückgeführten Luft maximal 50 Prozent des Zuluftanteils betragen darf. Das bedeutet, „dass für jeden Kubikmeter rückgeführter Luft mindestens ein Kubikmeter Frischluft (natürliche oder technische Lüftung) eingebracht werden muss“. Details und weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Doch auch die aufgefangenen Partikel, die meist in integrierten Staubsammelbehältern, sogenannten Dust Boxen gesammelt werden, müssen vorschriftsmäßig entsorgt werden. Da es innerhalb Deutschlands unterschiedliche Vorgaben für die Entsorgung dieser Abfälle gibt, muss man sich individuell an die lokale Abfallwirtschaftsbehörde wenden. Einheitlich ist jedoch, dass verhindert werden muss, dass die Partikel in die Atmosphäre oder das Grundwasser gelangen. Für die Entsorgung dieser geschlossenen Gebinde selbst ist der Abfallerzeuger verantwortlich. Um den jeweiligen Staub klassifizieren zu können, hilft die Abfallverzeichnis-Verordnung.
Völlig ohne Probleme ist es, wenn nur sogenanntes schwarzes Material geschweißt wird – das sind unlegierte oder niedrig legierte Stähle. Er gilt als nicht gefährlicher Abfall und kann wie Eisenschrott sogar wiederverwendet werden. Da die Maßnahme einer fachgerechten Entsorgung je nach geschweißtem Material sehr teuer werden kann, sollte jedes Unternehmen seine Betriebsabläufe am besten so gestalten, dass der Schweißstaub je nach Art getrennt gesammelt wird.
Dokumentationspflicht bei Inbetriebnahme einer Schweißrauchabsaugung nach TRGS 528
Wer ein Schweißrauch-Absauggerät angeschafft hat, muss dessen volle Funktionalität sicherstellen, bevor es seinen Dienst beginnen darf. Vor der ersten Inbetriebnahme müssen daher die Funktionen gemessen und die Wirksamkeit geprüft werden, indem die Anlagenparameter gecheckt und die Gefahrstoffbelastung gemessen werden müssen. Bitte nicht vergessen: das Ergebnis dokumentieren. Außerdem ist es Vorschrift, diese Prüfung einmal im Jahr zu wiederholen. Das dokumentierte Ergebnis aus der ersten Messung ist dann Grundlage für alle weiteren Prüfungen.
Strenge Vorschriften, hoher Nutzen
Die geltenden Vorschriften zur Schweißrauchabsaugung sind streng, doch sie sind von großem Nutzen und nicht mehr wegzudenken, wenn es um die Gesundheit der Schweißer geht. Für welches Absauggerät man sich letztendlich entscheidet, liegt an den Gegebenheiten vor Ort und den individuellen Präferenzen. Grundsätzlich sollte aber jeder mit so wenig Aufwand wie möglich den größtmöglichen Effekt erzielen.
Den originalen Blog-Beitrag sowie weitere Artikel rund um die Schweißrauchabsaugung finden Sie im ABIBLOG-Bereich von ABICOR BINZEL.
(Quelle: Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG)
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