Die WerkstoffWoche hat sich zu einem etablierten, alle zwei Jahre stattfindenden Treffen der MatWerk-Community entwickelt. Aus aktuellem Anlass findet der diesjährige Kongress vom 07. bis 09. September 2021 in einem virtuellen Format mit einem brandneuen internationalen Konzept als „MaterialsWeek“ statt.
Die Veranstaltung wird sich auf sechs Hauptthemen der Nachhaltigkeit konzentrieren:
- Additive Fertigung – Innovative Werkstoffe
- Künstliche Intelligenz in der Materialwissenschaft
- Zirkuläre Werkstoffe
- Wasserstoff – Herausforderungen für Materialien
- Leichtbau mit fortschrittlichen Materialien
- Werkstoffe für die Elektromobilität
Im Vortragsprogramm, das von den Koordinatoren der einzelnen Themen zusammengestellt wird, präsentieren internationale Experten Vorträge mit hoher Anwendungs- und Materialrelevanz.
Additive Manufacturing – Innovative Werkstoffe
Das Additive Manufacturing hat sich eindeutig den Weg in die industrielle Anwendung gebahnt. In der Medizin- und Dentaltechnik, in der Luft- und Raumfahrt, in der Automobilindustrie, im Energiesektor und in anderen Branchen hat die additive Fertigung von Produkten aus Metallen, Polymeren und Keramiken neue Geschäftsmöglichkeiten und kundenspezifische Lösungen auch und gerade bei kleinen Losgrößen eröffnet.
Während in der Vergangenheit der F&E-Fokus von Wissenschaft und Industrie auf der Entwicklung der AM-Prozesse lag, liegt der Schwerpunkt heute auch auf den verwendeten Materialien. Es liegt auf der Hand, dass eine große Herausforderung bei der additiven Fertigung von hochwertigen Produkten darin besteht, dass AM-Prozesse nicht nur komplex geformte Teile erzeugen, sondern gleichzeitig auch das Material generieren. Für alle in der AM verwendeten Materialklassen gilt daher, dass die Interaktion zwischen Material und Verarbeitung ein tiefes Verständnis erfordert, um die Mikrostruktur zu kontrollieren, Defekte und Verzug zu vermeiden, eine Funktionalisierung zu ermöglichen und schließlich qualitativ hochwertige Produkte jenseits der aktuellen Standards zu liefern. In der diesjährigen Materials Week 2021 zum Thema „Additive Fertigung – innovative Materialien“ beleuchten weltweit führende Experten die oft verkannte, aber überragende Bedeutung von Materialien für die additive Fertigung.
Künstliche Intelligenz in der Materialwissenschaft
Die Materialwissenschaft und -technik ist ein hochgradig interdisziplinäres Forschungsgebiet, in dem es darum geht, neuartige Materialien zu entwickeln, sie zu charakterisieren und zu optimieren, Prozesse zur Herstellung solcher Materialien zu entwickeln, ihre Lebensdauer zu bewerten und Strategien zur Maximierung der Wiederverwertbarkeit am Ende des Lebenszyklus zu entwickeln.
All diese Aspekte sind mit enormen Datenmengen in verschiedenen Formaten verbunden, die nur in Kombination eine vollständige Darstellung des Materials und seiner Eigenschaften erlauben. Künstliche Intelligenz kann mit sehr effizienten Werkzeugen bei der Analyse und Erkundung großer und hochdimensionaler Daten helfen oder dort ansetzen, wo Analytik und konventionelle Modellierung an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus kann sie zur Generierung synthetischer Daten eingesetzt werden, die den Ersatz von teuren und zeitaufwändigen Experimenten ermöglichen, zur Digitalisierung von Materialien sowie zur Materialoptimierung und -entdeckung. Dieses Symposium soll den aktuellen Stand der Technik auf diesem Gebiet aufgreifen und die Experten aus Wissenschaft und auch Anwendung solcher Konzepte miteinander ins Gespräch bringen.
Zirkuläre Werkstoffe
Der Bedarf an Materialien ist in den letzten Jahren aufgrund verschiedener Faktoren (z. B. Anstieg der Weltbevölkerung, Produktinnovationen, frühes Ende der Lebensdauer von Produkten) dramatisch gestiegen. So wurden 1960 weniger als 20 Mrd. Tonnen Materialien verbraucht, 2015 waren es 84 Mrd. Tonnen und für 2050 werden 184 Mrd. Tonnen prognostiziert [European Commission, Raw Materials Scoreboard 2018].
Insbesondere die Gewinnungs- und Verarbeitungsaktivitäten der Materialien haben einen starken Einfluss auf Wasserstress, Biodiversitätsverlust und klimatische Veränderungen. Um solche Aktivitäten zu reduzieren, werden technologische Entwicklungen für eine zirkuläre Nutzung von Materialien (wie Recycling, Wiederaufbereitung und Wiederverwendung) immer wichtiger.
In diesem Themenschwerpunkt werden die materialwissenschaftlichen Herausforderungen im Kontext der Kreislaufwirtschaft diskutiert. Die Session ist offen für Beiträge aus allen Klassen technischer Werkstoffe wie Metalle, Keramiken, Polymere oder Verbundwerkstoffe. Selbst in der einzelnen Materialklasse der Metalle sind der Stand der Technik und die Hindernisse sehr unterschiedlich, wie der Vergleich von Aluminium mit Seltenen Erden zeigt. Alle Schritte der Kreislaufwirtschaft von Werkstoffen werden durch Beispiele abgedeckt, von der ressourceneffizienten Herstellung von Halbzeugen über das Material- und Produktdesign bis hin zur Nutzung, Wiederverwendung und dem Recycling. Daher wird diese Session einen Überblick über aktuelle Möglichkeiten und Herausforderungen in der Kreislaufwirtschaft von Werkstoffen geben.
Wasserstoff – Herausforderungen für Materialien
Wasserstoff wird kurz- bis mittelfristig eine führende Rolle bei der Bewältigung des Übergangs von fossilen Brennstoffen zu regenerativen Energien spielen. Da es sich hierbei um eine globale Entwicklung handelt, die erforderlich ist, um die Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung zu begrenzen, sind immer mehr Industriezweige, aber auch private Verbraucher betroffen.
Es ist jedoch auch bekannt, dass Wasserstoff die mechanischen Eigenschaften von Metallen beeinträchtigt, was letztendlich zur „Wasserstoffversprödung“ führen kann. Insbesondere Stähle, die eine Zugfestigkeit von 800 MPa überschreiten, sind anfällig für „Wasserstoffversprödung“. Wasserstoffquellen sind in verschiedenen Schritten des Lebenszyklus eines Bauteils zu finden. Während der Herstellung kann durch Schritte wie Gießen, Schweißen oder Wärmebehandlung Wasserstoff in das Bauteil eingebracht werden. Die Wasserstoffaufnahme während der Anwendung des Bauteils kann durch Korrosion und Einwirkung von wasserstoffhaltigen Atmosphären sowie durch Hochdruckwasserstoff begünstigt werden, wobei letzteres vor allem mit Wasserstoff als Energieträger in Verbindung gebracht wird. So stellen beispielsweise wasserstoffbetriebene Gasturbinen besonders anspruchsvolle Bedingungen dar, da sie bei hohen Temperaturen und Wasserstoffdrücken arbeiten.
Daher besteht ein zunehmender Bedarf, die „Wasserstoffversprödung“ zu verstehen und zu verhindern, was umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten nach sich zieht. Dazu gehören die Identifizierung der mit „Wasserstoffversprödung“ verbundenen Versagensmechanismen, die Entwicklung von Werkstoffen, die weniger von „Wasserstoffversprödung“ betroffen sind, sowie die Ausarbeitung von Prüfmethoden und Normen, um das Verhalten der Werkstoffe in wasserstoffhaltigen Umgebungen zu bewerten. Nichtsdestotrotz gibt es bereits einige Bauteile aus Werkstoffen, die weniger anfällig für „Wasserstoffversprödung“ sind, wie z. B. Ni-Basis-Legierungen, stabile austenitische Chrom-Nickel-Stähle oder niedrigfeste Stähle. Diese Werkstoffe bieten eine solide Basis für Wasserstoffanwendungen. Das Vortragsprogramm beinhaltet einen allgemeinen Überblick über die Wechselwirkungen zwischen Wasserstoff und Metallen sowie Analyse- und Prüfmethoden, um die Anfälligkeit eines Werkstoffs für „Wasserstoffversprödung“ zu beurteilen. Experten aus der Industrie stellen Herausforderungen für Werkstoffe im Zusammenhang mit wasserstoffhaltigen Atmosphären sowie Strategien und Entwicklungen vor, um einen sicheren Betrieb zu ermöglichen.
Leichtbau mit fortschrittlichen Materialien
Leichtbau mit fortschrittlichen monolithischen oder hybriden Werkstoffen ist eine zwingende Voraussetzung für nachhaltige Mobilität auf der Straße, auf der Schiene und in der Luft. Daher ist die kontinuierliche Entwicklung dieser Materialien notwendig, um die zukünftigen Anforderungen der Kunden an ihre Fahrzeuge zu erfüllen.
Wir befinden uns derzeit in einem Übergang von Fahrzeugen, die mit Erdölprodukten angetrieben werden, zu solchen, die mit Elektrizität betrieben werden. Ursprünglich wurde angenommen, dass die Bedeutung des Leichtbaus durch die Rückgewinnung von Energie durch Rekuperation abnehmen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Leichtbau durch Material- und Systemintegration spielt bei der Entwicklung von Fahrzeugen für Straße, Schiene und Luft eine große Rolle, da sich das reduzierte Gewicht direkt auf die maximale Reichweite des Fahrzeugs auswirkt, die ein starkes Verkaufsargument ist. Daher sind alle monolithischen oder hybriden Leichtbauwerkstoffe auch heute noch von hoher Relevanz und die Weiterentwicklung der Eigenschaften und Funktionalisierung ist zwingend erforderlich. Zusammensetzung, Verarbeitung und thermische Behandlung bestimmen das Eigenschaftsspektrum neuer moderner Leichtbauwerkstoffe. Das können die klassischen Leichtmetalle wie Aluminium, Magnesium oder Titan sein, aber auch hochfeste Stähle, Polymere und das breite Feld der hybriden und zellularen Werkstoffe. Im Rahmen der Werkstoffwoche 2021 werden unter dem Thema „Lightweight Design with Advanced Materials“ die neuesten Entwicklungen dieser Werkstoffe und deren Anwendungsgebiete vorgestellt und den Kongressteilnehmern ein Einblick in das zukunftsweisende Feld der Leichtbauwerkstoffe geboten.
Werkstoffe für die Elektromobilität
„Werkstoffe für die Elektromobilität“ ist ein sehr breites Thema. Elektromobilität umfasst den regulären Personenverkehr (privat und öffentlich) und den Güterverkehr - auf der Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser und in der Luft. In all diesen Bereichen gibt es unterschiedliche Anforderungen an elektrische Antriebe, an Fahrzeuggröße und -gewicht sowie an die Versorgung mit elektrischer Energie.
Diese Anforderungen werden auf die Ansprüche an die jeweiligen Werkstoffe übertragen. Bei Elektromotoren sind viele Herausforderungen bereits in großer Vielfalt gelöst, außer vielleicht bei Seltenerdmagneten oder gar der Supraleitung. Im Leichtbau werden viele intelligente Werkstoffe mit hoher spezifischer Festigkeit eingesetzt. In der elektrischen Speichertechnik spielen Batterien (Li-Ionen-Batterien, Post-Li-Batterien), Superkondensatoren, Brennstoffzellen und auch die Wasserstofftechnologie die vielleicht größten Rollen. Neben der Kapazität (Energieinhalt) spielen auch die spezifische Kapazität sowie die Entlade- und Ladedynamik eine entscheidende Rolle. Stabilität und Lebensdauer sind weitere bestimmende Faktoren.
Große Herausforderungen bei elektrischen Energiespeichern liegen nicht nur bei den Elektrodenmaterialien, die die Kapazität wesentlich bestimmen, sondern auch Separatoren und Membranen beeinflussen die Qualität der Systeme. Hinzu kommen noch Materialien für den mechanischen, thermischen und elektrischen Aufbau. Diese müssen ebenfalls angepasst und auch zuverlässig gefertigt werden, um einen langlebigen und sicheren Betrieb zu ermöglichen. Aus dieser Vielfalt an Anforderungen ergibt sich auch eine Vielfalt an Materialien, die für die erfolgreiche Transformation zur Elektromobilität in den verschiedenen genannten Bereichen entwickelt werden müssen. Daran arbeiten viele Forscher intensiv und einige werden in diesem Symposium der Werkstoffwoche ihre neuesten Arbeiten vorstellen.