Eigentumsvorbehalt – eine Vereinbarung, die bares Geld wert sein kann
„Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Verkäufers“, hat bestimmt jeder schon einmal gelesen. „Was das jedoch genau bedeutet, ist vielleicht nicht jedem bekannt. Besonders Unternehmer unterschätzen nach meiner Erfahrung noch zu oft die Bedeutung der Vereinbarungen über den Eigentumsvorbehalt“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH.
„Leider treffen noch längst nicht alle Unternehmer Vereinbarungen zu dem so genannten Eigentumsvorbehalt oder wissen, wo und wie so eine Vereinbarung in die Geschäftsabläufe und -papiere einfließen sollte. Unter Umständen aber kann gerade die richtige Formulierung und Anwendung den Unternehmer vor Schaden bewahren. Kommt es bei Kunden zur Insolvenz, so kann so eine ‚unscheinbare‘ Vereinbarung über den Totalverlust einer Forderung entscheiden“, so Drumann. Nachfolgend gibt er ein paar Erklärungen und Hinweise zu dem Thema.
Eigentum oder Besitz
„Eigentum und Besitz sind nicht dasselbe und den Unterschied sollte man kennen, damit auch der Begriff ‚Eigentumsvorbehalt‘ besser zu verstehen ist. Eigentum bedeutet, dass einem eine Sache rechtmäßig gehört. Besitz bedeutet, dass man die tatsächliche Herrschaft über eine Sache hat. Man kann also etwas in seinem Besitz haben, was rechtlich aber einem anderen gehört. Eigentum und Besitz an einer Sache können, müssen aber nicht bei ein und derselben Person liegen.“
Normaler Eigentumsvorbehalt
„Als Eigentumsvorbehalt wird eine besondere Verabredung bei einem Kaufvertrag über ‚bewegliche‘ Sachen bezeichnet, die besagt, dass der Käufer mit Lieferung der Ware zwar ihr Besitzer wird, ihr Eigentümer aber der Verkäufer bleibt. Und das bleibt er so lange, bis die Ware vollständig vom Käufer bezahlt wurde. Erst mit der Bezahlung der Rechnung wird der Käufer automatisch auch zum Eigentümer der Ware. Vorher war er nur Besitzer und hatte ein so genanntes Anwartschaftsrecht. Ist die oben erwähnte besondere Verabredung nun Bestandteil des Vertrages, sichert der Eigentumsvorbehalt dem Verkäufer bei Vertragsabschluss das Eigentum an der Ware, bis diese vollständig bezahlt ist.“
Beispiel: Unternehmer A hat B Holz geliefert. B meldet Insolvenz an. Das Holz wurde noch nicht bezahlt. A hat mit B beim Verkauf des Holzes Regelungen zum Eigentumsvorbehalt getroffen. Daher ist A auch jetzt noch Eigentümer des Holzes. Er hat ein sogenanntes Aussonderungsrecht, mit dem er geltend machen kann, dass das Holz, obwohl es sich im Besitz des Insolvenzschuldners B befindet, dennoch nicht zur Insolvenzmasse gehört. A ist daher kein Insolvenzgläubiger und nimmt auch nicht am Insolvenzverfahren teil. Er hat stattdessen gegenüber dem Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Herausgabe des Holzes – oder auf den vollen vereinbarten Preis und nicht nur auf die Insolvenzquote, sofern der Insolvenzverwalter die Sache verwerten will.
Erweiterter Eigentumsvorbehalt
„Der erweiterte Eigentumsvorbehalt – teilweise auch als Kontokorrentvorbehalt bezeichnet – soll das Risiko der ‚Nichterfüllung‘ in einer laufenden Geschäftsbeziehung minimieren. Während beim einfachen Eigentumsvorbehalt das Eigentum mit der Zahlung nur gerade des Kaufpreises für diese Sache auf den Käufer übergeht, wird der erweiterte Eigentumsvorbehalt auf andere Forderungen des Verkäufers ausgedehnt – oft und je nach Vereinbarung auf alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung zwischen Käufer und Verkäufer. Der Käufer erwirbt das Eigentum also erst dann, wenn er dem Verkäufer gar nichts mehr aus der Geschäftsverbindung schuldet.“
Beispiel: Unternehmer C und Unternehmer D machen laufend Geschäfte miteinander. C liefert D spezielle Stoffe. C hat D am 02.02.2022 Ware geliefert und am 23.02.2022. Für beide Lieferungen wurde der erweiterte Eigentumsvorbehalt in der beschriebenen Weise vereinbart. D hat lediglich die Rechnung der Lieferung vom 23.02.2022 bezahlt. C ist daher noch Eigentümer beider Lieferungen, denn der Eigentumsvorbehalt gilt für alle gelieferten Stoffe so lange, bis alle Rechnungen bezahlt sind.
Verlängerter Eigentumsvorbehalt
„Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ermöglicht es dem Kunden, die Ware, auch wenn sie noch nicht vollständig bezahlt ist, bereits zu verarbeiten und/oder weiterzuverkaufen. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt trägt den üblichen Geschäftsgebaren und -abläufen noch mehr Rechnung als der normale und ist eine Erweiterung des normalen Eigentumsvorbehalts. Wird die Ware verarbeitet, erwirbt der Lieferant nämlich unmittelbar das Eigentum an der neu hergestellten Sache – gegebenenfalls anteilig. Bei einem Verkauf, auch der neu hergestellten Sache, erwirbt er automatisch die Kaufpreisforderungen gegen die Kunden seines Käufers, auch hier gegebenenfalls anteilig.“
Beispiel: Unternehmer E hat dem Kunden F große Hart-PVC Platten geliefert und bei Vertragsabschluss den verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart. Der Kunde F hat die Platten bereits zu Fensterprofilen gepresst, die Rechnung aber nicht bezahlt und meldet Insolvenz an. Dennoch hat E noch ganz gute Karten. Auch wenn der Insolvenzverwalter jetzt die verarbeitete Ware, also die Fensterprofile bzw. die Forderung aus dem Weiterverkauf (Sicherungsgut) durch Veräußerung oder Einziehung verwertet, ist E mit verlängertem Eigentumsvorbehalt vor den anderen Gläubigern aus dem Erlös zu befriedigen. Zuvor darf der Insolvenzverwalter jedoch noch eine Feststellungspauschale von vier Prozent vom Erlös sowie Kosten für die Verwertung in Höhe von ca. fünf Prozent geltend machen.
Formulierungen mit großer Wirkung
„Die Vereinbarungen zum normalen Eigentumsvorbehalt, zum erweiterten Eigentumsvorbehalt oder zum verlängerten Eigentumsvorbehalt schweben nicht einfach im Raum. Damit sie ihre ‚rechtswirksame Wirkung‘ entfalten können, müssen sie von beiden Geschäftsparteien vereinbart werden. Sie sollten in die Geschäftsbedingungen des Unternehmens einfließen, auf deren Grundlage alle Geschäftsabschlüsse getätigt werden sollten. Es handelt sich dabei nicht um Wortklauberei, sondern um sorgfältig ausgearbeitete Formulierungen, die als Bestandteil der eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Umständen bares Geld wert sein können. Diese gefühlt vielleicht so unscheinbaren Formulierungen können einen Unternehmer bei der Insolvenz eines Kunden sogar vor dem Totalverlust seiner Forderung bewahren.“
Formulierungen schriftlich festhalten
„Zur schriftlichen Niederlegung der Vereinbarung zum Eigentumsvorbehalt sind am allerbesten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geeignet. Eigene, die Individualität des Unternehmens widerspiegelnde Geschäftsbedingungen sollten nicht einfach vom Mitbewerber abgeschrieben werden, da es sich gegebenenfalls um eine Verletzung des Urheberrechtes handelt, oder ungeprüft aus dem Internet heruntergeladen werden. Das eigene Unternehmen, die eigene Arbeit sollte es einem wert sein, die Geschäftsbedingungen von einem Rechtsanwalt rechtssicher formulieren zu lassen. Über die Konditionen kann man sich im Vorfeld informieren.“
Grundsätzliches zum Schluss
„Hat man dann eigene AGB, nützt das Haben alleine gar nichts. Die AGB müssen immer die Grundlage aller selbst abgeschlossenen Verträge bilden bzw. in diese mit einbezogen werden. Man sollte die eigenen Geschäftsbedingungen kennen und verstehen! Am besten werden die AGB auch auf der Rückseite von Angeboten und Auftragsbestätigungen abgedruckt. Ein Hinweis darauf, dass die AGB rückseitig zu finden sind, sollte dann aber auf der Vorderseite nicht fehlen. Hat man keine eigenen AGB, was nach meiner persönlichen Meinung für ein Unternehmen schon fast fahrlässig zu nennen ist, so sollte die Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt zumindest auf allen Geschäftspapieren wie z. B. Angebot, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung zu finden sein. Zumindest das! Sorgfältige schriftliche Dokumentation aller geschäftlichen Schritte tragen ihr Übriges zu einem bestmöglich abgesicherten Geschäftsabschluss bei.“
(Quelle: Presseinformation der BREMER INKASSO GmbH)