Trendthema
Der Vorstand der VTH-Fachgruppe „Dichtungstechnik“: Markus Gau (Sahlberg, Feldkirchen), Robert von Oelffen (Teigler, Düsseldorf), Simon Treiber (Berger S2B, Mannheim), Sascha Heitkamp-Röhlen (Kahmann & Ellerbrock, Bielefeld) und Roland Wuttge (Irle & Heuel, Siegen). - © VTH
11.06.2023

EU-Chemikalienstrategie und Dichtungstechnik

EU-Chemikalienstrategie und Dichtungstechnik: Worauf sich die Industrie einstellen muss

Die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit soll den Umweltschutz sowie die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern und Beschäftigten verbessern. Im Technischen Handel häufen sich vor allem in Bezug auf bisher verwendete PTFE-Dichtungen die Fragen von besorgten Kunden aus diversen Industriezweigen.

Mit dem „Green Deal“ will die Europäische Kommission die Wirtschaft in der EU klimaneutral machen. Eine der zentralen Initiativen dieses Green Deals ist die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (Chemicals Strategy for Sustainability, CSS), die 2020 von der Kommission vorgestellt wurde. Ziel ist es, den Schutz von Mensch und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien zu erhöhen und die EU-Industrie zu einem wettbewerbsfähigen, weltweiten Spitzenreiter bei der Herstellung und Verwendung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien zu fördern.

Um dieses zu erreichen, werden die REACH- und die CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging) angepasst und überarbeitet. Der VTH Verband Technischer Handel e.V. begrüßt grundsätzlich die Ziele der Verordnung, weil sie Umwelt und Menschen vor Schaden durch Chemikalien schützt. Hierzu zählen unter anderem die Verminderung und Verhinderung von Boden- und Wasserkontaminationen – einschließlich des Trinkwassers – durch Industriechemikalien. Es muss jedoch gewährleistet bleiben, dass die komplexen Vorgaben umsetzbar bleiben und auch zukünftig notwendig vorhandene sowie neue innovative Lösungen und Technologien entwickelt und eingesetzt werden können.

Zur besseren Kundenorientierung kennzeichnet der VTH-QUALITÄTSPARTNER Frenzelit seine PFAS-freien Dichtungen mit einem Logo. - © Frenzelit
Zur besseren Kundenorientierung kennzeichnet der VTH-QUALITÄTSPARTNER Frenzelit seine PFAS-freien Dichtungen mit einem Logo. © Frenzelit
Differenzierung bei PFAS-Beschränkungen erforderlich

Anfang Februar 2023 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) eine vorläufige Fassung des Beschränkungsdossiers der Stoffgruppe PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) veröffentlicht. Dabei stellte sich heraus: Fluorpolymere, zu denen auch PTFE, FKM oder FFKM zählen, sind ebenso vom Verbotsvorhaben betroffen, wie die besorgniserregenden flüchtigen und wasserlöslichen Fluorchemikalien. Somit könnten auch ungiftige Kunststoffe und Elastomere, die sich nicht in der Umgebung freisetzen und auch nicht wasserlöslich sind, unter das geplante Verbot fallen, die für die Industrie nicht oder nur schwer ersetzbar sind.

PTFE ist zum Beispiel elementarer Bestandteil vieler Dichtungen. Von einem generellen PFAS-Verbot wären vor allem solche betroffen, die hohen Temperaturen und hochaggressiven Chemikalien standhalten müssen. „Für den Dichtungssektor würde ein Produktsegment fehlen, welches den sicheren Umgang mit gefährlichen Stoffen erlaubt und damit erheblich zum Umweltschutz und dem Schutz von Personen und Anlagen beiträgt,“ erläutert Norbert Weimer, Unternehmensleitung des VTH-QUALITÄTSPARTNERS Klinger GmbH, im Fachmagazin Technischer Handel (TH).

Entscheidung erst 2025

Der Weg zu einem möglichen Verbot von PFAS ist allerdings lang. Die striktere Option sieht ein Verbot aller Stoffe 18 Monate nach der Aufnahme des Beschränkungsvorschlags in den Anhang XVII der REACH-Verordnung vor. Der mildere Übergangsvorschlag sieht zeitliche Aufschübe für einige Anwendungen vor. Mit einer Entscheidung der EU-Kommission und ihrer Mitgliedsstaaten rechnet der VTH nicht vor 2025.

Technischer Handel und Lieferanten sind gerüstet

Der Technische Handel beobachtet die weitere Entwicklung sehr genau. „Die Fachhändler und besonders die zertifizierten Fachbetriebe für Dichtungstechnik im VTH sind stets gut über den aktuellen Stand der Entwicklungen informiert“, erklärt Simon Treiber, Vorsitzender der VTH-Fachgruppe „Dichtungstechnik“. Er beruhigt: „Die kontinuierliche Weiterbildung unserer Fachberater sorgt für die notwendige Expertise, damit wir auch in Zukunft für jeden Einzelfall eine passende Dichtung finden.“

Die wichtigsten Lieferanten sorgen bereits vor: Um vorab schon einigen Kunden die Bedenken nehmen zu können, kennzeichnet zum Beispiel die Frenzelit GmbH alle nicht-betroffenen Produkte mit einem „PFAS-free“-Logo. „Die Frenzelit GmbH arbeitet bereits an leistungsfähigen Ersatzlösungen und -technologien und entwickelt neue Werkstoffkonzepte. Diese Prototypen befinden sich derzeit in der Erprobungsphase und werden zukünftig weitere der aktuell eingesetzten PFAS-relevanten Dichtungsprodukte ersetzen“, schildert Dr. Anna Berger, Research & Development beim VTH-QUALITÄTSPARTNER Frenzelit.

(Quelle: Presseinformation des VTH Verband Technischer Handel e.V.)

Simon Treiber (Berger S2B, Mannheim), Vorsitzender der VTH-Fachgruppe „Dichtungstechnik“. - © Kollaxo
Simon Treiber (Berger S2B, Mannheim), Vorsitzender der VTH-Fachgruppe „Dichtungstechnik“. © Kollaxo

Schlagworte

ChemikalienChemikalienstrategieDichtungstechnikEnergiewendeKlimaneutralitätKunststoffePolymere

Verwandte Artikel

(v. l. n. r.): Stefan Besser (BMWK), Jana Liebe (ThEEN), Bernhard Stengele (TMUEN), Prof. Dr. Dirk Westermann (TU Ilmenau).
10.11.2024

Klimaneutrale Industrie: Entwicklung digitaler Werkzeuge für Produktionsbetriebe

Eines der Ziele von ZO.RRO ist es, mit digitalen Werkzeugen anhand von Pilotprojekten den Weg zur Dekarbonisierung der energieintensiven Industrien aufzuzeigen.

Dekarbonisierung Digitaler Zwilling Energieforschung Energiewende Erneuerbare Energien Klimaneutrale Energie Klimaneutralität
Mehr erfahren
Zukunftsszenarien für die Energiewende beziehen in Analysen sowohl technische als auch soziale Aspekte ein.
27.10.2024

Wie die Energiewende gelingen kann

Eine Helmholtz-Studie entwirft integrative Szenarien: Für eine nachhaltige Transformation müssen auch soziale und ökonomische Aspekte einbezogen werden.

Energiewende Erneuerbare Energien
Mehr erfahren
Dr. Thomas Walther ist neues Mitglied im VDI-Strategiekreis Kunststofftechnik.
24.10.2024

Dr. Thomas Walther ist neues Mitglied im VDI-Strategiekreis Kunststofftechnik

Der VDI Verein hat Dr.-Ing. Thomas Walther (54), Leiter Application & Process Development bei der ARBURG GmbH + Co KG, in den Strategiekreis Kunststofftechnik berufen.

Kunststoffe Kunststofftechnik
Mehr erfahren
Kurs nach der Richtlinie DVS 2212-1 am SKZ.
20.10.2024

Qualifizierung von Kunststoffschweißern am SKZ

Der DVS hat die Richtlinie DVS 2212-1 überarbeitet und neue Prüfgruppen zur Qualifizierung von Kunststoffschweißern veröffentlicht. Das SKZ hat dies bereits in die Tat um...

Fachkräftequalifizierung Kunststoffe Kunststoffschweißen Kunststoffschweißer Schweißtechnik
Mehr erfahren
11.10.2024

Der Countdown für die K 2025 läuft

Die Ausstellungsfläche für die K 2025 ist bereits komplett ausgebucht. Zahlreiche bewährte und neue Specials zahlen auf das Motto „The Power of Plastics! Green – Smart –...

Kautschukindustrie Kunststoffe Kunststoffindustrie
Mehr erfahren