Wirtschaft
©  stock.adobe.com/sysiphus
20.08.2021

Lieferengpässe treffen deutsche Wirtschaft in ganzer Breite

Lieferengpässe treffen deutsche Wirtschaft in ganzer Breite

Lieferschwierigkeiten sowie deutliche Preissteigerungen bei Vorprodukten und Rohstoffen machen derzeit nicht nur der international orientierten deutschen Industrie zu schaffen – sie treffen Betriebe sämtlicher Branchen und Größenklassen. Das zeigt eine aktuelle DIHK-Auswertung unter knapp 3.000 deutschen Unternehmen im In- und Ausland. Über alle Wirtschaftszweige hinweg melden demnach 83 Prozent der Unternehmen Preisanstiege oder Lieferprobleme bei Rohstoffen, Vorprodukten und Waren.

„Rohstoffmangel und Lieferkettenprobleme treffen die deutsche Wirtschaft in ihrer ganzen Breite“, kommentiert DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Ergebnisse. „Die aktuelle Entwicklung kann den wirtschaftlichen Erholungsprozess nach der Krise merklich erschweren.“

Nur knapp ein Fünftel der Unternehmen rechnet bis zum Jahreswechsel mit einer Verbesserung der Situation. 53 Prozent der Unternehmen erwarten dagegen erst im kommenden Jahr eine Aufhellung der Lage. Ein Viertel kann nicht einschätzen, wann sich Lieferzeiten oder Preise normalisieren werden. „Wir sehen hier aktuell sehr große Unsicherheiten“, so Treier.

Am stärksten leiden Industrie und Einzelhandel unter Knappheiten

In vielen Industriezweigen sind nahezu alle Betriebe derzeit von Rohstoffknappheiten oder deutlichen Preisanstiegen betroffen. Über 90 Prozent der Unternehmen etwa aus der Gummi- und Kunststoffindustrie, Metallindustrie und Chemieindustrie berichten davon. In der Fahrzeugindustrie sind es 92 Prozent, in der Elektrotechnik 85 Prozent. Im Baugewerbe sehen sich 94 Prozent der Betriebe mit diesen Herausforderungen konfrontiert.

Aber auch im Einzelhandel mit 83 Prozent, bei Transport- und Logistikbetrieben mit 67 Prozent sowie mit 48 Prozent bei sonstigen Dienstleistern machen sich Knappheiten und Verteuerungen deutlich bemerkbar. Nur vereinzelt berichten Unternehmen, dass sie zwar Lieferschwierigkeiten in den vergangenen Monaten hatten, diese aber nicht mehr aktuell sind.

Zu spüren bekommen Unternehmen die Lieferengpässe und Preisanstiege derzeit insbesondere bei direkten Vorprodukten, Stahl, Aluminium, Kupfer und Holz. Verpackungen sind durch alle Branchen hinweg ebenfalls Mangelware, genauso wie Elektronikkomponenten. In der Fahrzeugindustrie fehlen, ganz massiv, Halbleiter. Der Einzelhandel berichtet unter anderem von Engpässen bei Textilien.

Mehr Nachfrage, weniger Produktion, ...

Als Gründe für die Rohstoffengpässe nennen die Unternehmen vor allem eine gestiegene Nachfrage sowie – angesichts der unterschiedlichen Entwicklung des Pandemiegeschehens in der Welt – zu geringe Produktionskapazitäten (70 Prozent) und Transportprobleme (53 Prozent). Bei Letzteren machen sich unter anderem der aktuelle Containermangel (76 Prozent) sowie fehlende Frachtkapazitäten bei Schiffen (74 Prozent), Straßen und Schienen (27 Prozent) sowie Flugzeugen (24 Prozent) bemerkbar.

So trifft die jüngste Teilschließung des chinesischen Hafens in Ningbo die deutsche Wirtschaft in einer Zeit, in der sie ohnehin schon erhebliche Lieferschwierigkeiten bewältigen muss. Jedes zweite Unternehmen nennt zudem Produktionsausfälle bei Zulieferern als Grund für den Rohstoffmangel. Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind, berichten vereinzelt davon, dass die Hochwasserkatastrophe zu den Lieferengpässen beiträgt.

... und in Folge höhere Preise

Als Folge der Lieferengpässe haben derzeit 88 Prozent der Unternehmen mit höheren Einkaufspreisen für ihre Produkte und Dienstleistungen zu kämpfen. „Wenn eine anziehende Nachfrage in vielen Weltregionen auf nicht ausreichende Produktions- und Transportkapazitäten etwa aufgrund von Corona-Beschränkungen trifft, steigen die Preise“, erklärt Treier. "Das belastet zunehmend die weltweite Konjunktur und die internationalen Geschäfte unserer Unternehmen."

In vielen Betrieben kommt es außerdem zu längeren Wartezeiten (73 Prozent) auf bestellte Rohstoffe und Waren sowie zu einem höheren Planungsaufwand (60 Prozent). Besonders kritisch wird es, wenn Aufträge nicht abgearbeitet werden können (42 Prozent) und die Lieferschwierigkeiten zu Umsatzausfällen führen (43 Prozent). Ein Viertel der Unternehmen muss zudem die Produktion drosseln oder gar stoppen.

Zwei Drittel der Unternehmen sehen sich gezwungen, gestiegene Preise an Kunden weiterzugeben (67 Prozent). Zudem reagieren sie auf die Herausforderungen, indem sie neue oder zusätzliche Lieferanten suchen (64 Prozent) oder – wo es möglich ist – die Lagerhaltung erhöhen (57 Prozent). „Die Rohstoffengpässe könnten deshalb dazu führen, dass die gegenwärtig anziehende Inflation kein vorübergehendes Phänomen bleibt, sondern die Weltwirtschaft auch mittel- bis langfristig beeinflussen wird“, so der DIHK-Außenwirtschaftschef.

(Quelle: Pressemeldung des DIHK –Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.)

Schlagworte

ChemieindustrieElektrotechnikExportFahrzeugindustrieHalbleiterHandelImportKunststoffindustrieKupferMetallindustrieProduktionStahl

Verwandte Artikel

Zum Jahresausklang hatten etwa 40 Studierende der Fachschule für Maschinenbautechnik (FS MB) und der Fachschule für Elektrotechnik (FS ET) Aschaffenburg die Möglichkeit, in die Welt des Schweißens einzutauchen.
20.12.2024

Studierende besuchen das Innovations- und Technologiezentrum von ABICOR BINZEL

Zum Jahresausklang hatten etwa 40 Studierende der Fachschule für Maschinenbautechnik (FS MB) und der Fachschule für Elektrotechnik (FS ET) Aschaffenburg die Möglichkeit,...

Elektrotechnik Fachkräftequalifizierung Maschinenbau Maschinenbautechnik Nachwuchsförderung Schweißtechnik
Mehr erfahren
Auf der CAMX in San Diego präsentierten Wilhelm Rupertsberger, Nolan Strall und Marc Perberschlager (v.l.) eine Simulation zur automatisierten Propellerblattfertigung für die Aerospace Industrie.
16.12.2024

Go west: Innviertler Know-how in den USA gefragt

Fill Maschinenbau setzt seinen Internationalisierungskurs fort und verstärkt seine Vertriebsaktivitäten am nordamerikanischen Markt.

Automobilindustrie Bauindustrie Kunststoffindustrie Luftfahrt Maschinenbau Metallindustrie
Mehr erfahren
06.12.2024

Produktion im Produzierenden Gewerbe 10/2024

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ging im Oktober preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,0 % gegenüber dem Vormonat zurück.

Automobilindustrie Baugewerbe Chemische Industrie Elektrische Ausrüstungen Kfz-Teile Maschinenbau Metallerzeugnisse Produktion Wirtschaft
Mehr erfahren
30.11.2024

Aufbau einer klimaneutralen chemischen Industrie bis 2050

Experten des nova-Instituts haben den wegweisenden Bericht „Evaluation of Recent Reports on the Future of a Net-Zero Chemical Industry in 2050“ erstellt.

Chemieindustrie Dekarbonisierung Klimaneutralität Kohlenstoff Kunststoffe
Mehr erfahren
19.11.2024

Stahl verbindet – seit 150 Jahren mit der Wirtschafts­ver­einigung Stahl

300 geladene hochkarätige Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft kamen am 14. November zusammen, um das 150-jährige Bestehen der Wirtschafts...

Stahl Wirtschaftsstandort Deutschland
Mehr erfahren