Fachbeitrag
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03.07.2023

Schweißen von Aluminium? So geht's!

Aluminium-Verarbeitung: Welche Schweißverfahren eignen sich?

Die Mobilität der Zukunft heißt Elektromobilität, sei es als E-Auto, Hybridfahrzeug oder als elektrisch angetriebenes Transportsystem im Güterverkehr. Mit den Elektroantrieben kommen auch mehr Funktionen in die Fahrzeuge und damit mehr Gewicht. Das steht im Konflikt mit den gesetzlichen Vorgaben zur Emissionsminderung, für deren Erfüllung gerade das Gewicht gesenkt werden muss. Der Leichtbau mit der Verwendung von leichten Materialien beim Design von modernen Fahrzeugen bietet hier einen Ausweg aus dem Dilemma. Das populärste Leichtbau-Material ist Aluminium. Beim Schweißen allerdings zeigt sich Aluminium kompliziert bis kapriziös. Um Aluminiumlegierungen fachgerecht zu schweißen, muss einiges passen: die Voraussetzungen ebenso wie die Schweißtechnik. Denn ein sicherer Prozess ist das A und O bei der Aluminium-Verarbeitung.

Im Fahrzeugbau und im Anlagenbau werden Aluminiumlegierungen sehr häufig eingesetzt, weil man dort von ihrer geringen Dichte und hohen Festigkeit profitiert. Genau diese physikalischen Eigenschaften machen aber die Aluminium-Verarbeitung auch so schwierig.

Bereitet man das Material richtig vor und greift zur passenden Schweißausrüstung, dann gelingen auch das Schweißen und die Verarbeitung von Aluminium. Dieser Beitrag informiert über

  • das Potenzial von Aluminium als Werkstoff
  • die möglichen Schweißverfahren für Aluminium-Bauteile
  • die Herausforderungen beim Schweißen von Aluminium
  • Prozesssicherheit in der Aluminium-Verarbeitung
  • Zukunftsaussichten für Aluminium und Aluminiumlegierungen
Welches Potenzial steckt in Aluminium?

Aluminium ist dank seiner Langlebigkeit aus vielen Branchen nicht mehr wegzudenken und in unserem Alltag fast überall gegenwärtig. Es wird beispielsweise im gesamten Baubereich eingesetzt: in Fenstern, Türen, Dach- und Wandsystemen und Geländern sowie in Fassaden und Tragkonstruktionen. Aber auch die Energiebranche setzt in Photovoltaikanlagen, Wärmetauschern, Solar- und Windenergieanlagen auf Aluminium. Immer häufiger nutzt auch die Automobilindustrie Aluminium. Sie fertigt Wärmetauscher, Räder, Motoren, Motorhauben und Karosserieteile aus Aluminiumlegierungen.

Aluminium ist ein unedles Metall und wird nur selten als Reinaluminium verwendet. Ein Grund dafür ist seine niedrige Festigkeit. Damit es sich für den Leichtmetallbau – etwa im Fahrzeugbau – eignet, muss Aluminium legiert und damit seine Festigkeit erhöht werden. Dies kann unter anderem durch den Zusatz von Zink (Zn), Magnesium (Mg) und Kupfer (Cu) geschehen. Mit den Legierungselementen Mangan (Mn) und Silizium (Si) lassen sich mittlere Festigkeiten erzielen.

Aluminium (Al) im Vergleich mit Eisen (Fe). - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Aluminium (Al) im Vergleich mit Eisen (Fe). © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Mit ihrer geringen Dichte und hohen Festigkeit bei gleichzeitig niedrigem Gewicht sind Aluminiumlegierungen für viele Industriebereiche ein sehr interessantes Material. Soll Aluminium verarbeitet werden, ist es wichtig, sich mit dem Prozess, beispielsweise dem Schweißen, sehr gut auszukennen.

Welche Herausforderungen hat das Schweißen von Aluminium?

Haben Sie selbst schon einmal Aluminium mit der Hand geschweißt? Und – wie war Ihr erster Versuch? Die Schweißnaht durchzogen von Poren und Rissen oder hatte das Blech ein Loch?

Diese typischen Probleme entstehen durch zwei Dinge:

  • Aluminium und Aluminiumoxid haben unterschiedliche Schmelzpunkte.
  • Wasserstoff ist in flüssigem Aluminium hoch löslich, in festem Aluminium aber nur gering löslich.
Wie gelingt die Aluminium-Verarbeitung?

Wer Aluminium fachgerecht verarbeiten will, sollte sich unbedingt intensiv mit der Werkstoffkunde beschäftigen.

Ein wichtiger Punkt ist das Verhalten von Aluminium bei Kontakt mit Sauerstoff. Aluminium bildet dann auf seiner Oberfläche sofort eine Schicht aus Aluminiumoxid aus. Dies führt zu Problemen beim Schweißen, weil die Schmelztemperatur von Aluminiumoxid mit 2050 °C deutlich höher ist als die von Aluminium (660 °C). Die Folgen: eine problematische Energiekopplung und instabile Schweißprozesse. Der Lichtbogen koppelt Energie in das zu schweißende Aluminium ein. Während sich das Aluminium unterhalb der Oxidschicht schon verflüssigt hat, ist die Oxidschicht selbst noch fest. In der Folge reißt sie häufig an einzelnen Stellen auf und schwimmt in kleinen Stücken auf dem verflüssigten Aluminium. Dies stört den Lichtbogenansatz und lässt ihn teilweise hin und her springen.

Für unschöne Poren und Heißrisse bei der Aluminium-Verarbeitung sorgt die Löslichkeit von Wasserstoff. Während sich Wasserstoff in Flüssigkeit sehr leicht löst, ist er in festen Stoffen nur gering löslich. Beim Schweißen löst sich daher Wasserstoff, der beispielsweise über verschmutzte Oberflächen in den Prozess gelangt ist, im flüssigen Aluminium. Wird das Schweißbad dann aber fest, nimmt die Löslichkeit des Wasserstoffs rapide ab und er wird aus dem Aluminium ausgeschieden. Dabei klumpt er sich zu Poren und sogenannten Porennestern zusammen.

Ein wichtiger Aspekt beim Schweißen von Aluminium ist die hohe Leitfähigkeit des Materials. Durch diese Eigenschaft ist beim Aluminiumschweißen ein hoher Wärmeeintrag nötig, der die Schweißtechnik stark belastet.

WIG-Schweißen von Aluminium. - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
WIG-Schweißen von Aluminium. © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Die Schwierigkeiten bei der Aluminium-Verarbeitung lassen sich folgendermaßen lösen:

Geeignete Schweißvorbereitung

Eine sorgfältige Vorbereitung bietet die beste Grundlage für eine hochwertige Schweißnaht. Ganz wichtig sind dabei zunächst die Punkte Sauberkeit und Trockenheit. Sämtliche Aluminiumkomponenten und Zusatzwerkstoffe dürfen weder verschmutzt noch feucht oder gar nass sein. Dies erreicht man am besten, wenn die Bauteile und den Schweißdraht nur kurz gelagert werden, bevor sie verwendet werden. Das verhindert die übermäßige Bildung einer Oxidschicht.

In manchen Branchen sind weitere Vorsichtsmaßnahmen üblich: Beim Automobilbau werden Aluminiumbleche extra beschichtet, damit Oxide nicht unkontrolliert wachsen können. In der Luft- und Raumfahrt wird die Oxidschicht durch das Waschen der Aluminiumbleche mit Säure entfernt. Andere Industriezweige setzen auf die mechanische Reinigung mit Bürsten. Eine Möglichkeit, den Sauerstoffgehalt zu senken, ist der Einsatz von größeren Drahtdurchmessern für den Schweißzusatz, wodurch die Oberfläche verkleinert wird.

Welches Schweißverfahren und welche Ausrüstung eignen sich?

Das Schweißen von Aluminium gelingt mit allen üblichen thermischen Schweißverfahren, also mit

Das WIG-Verfahren hat sich seit langem beim Aluminiumschweißen bewährt. Zum Aufbrechen der Oxidschicht wird dabei im Wechselstromverfahren die positive Halbwelle genutzt, die negative Halbwelle erzeugt dann den Einbrand.

Auf welche unterschiedlichen Arten man die Aluminiumoxidschicht entfernen oder aufbrechen kann, stellt auch der Beitrag »So schweißt man Aluminium richtig« genauer dar.

Für dickere Aluminiumbleche empfiehlt sich das Plasmaschweißen, bei dem auch Wechselstrom genutzt werden kann. Mit Plasma lässt sich im Vergleich zu WIG schneller schweißen und die Oberflächenqualität der Schweißnaht ist noch besser.

Das Prinzip des Plasmaschweißens. - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Das Prinzip des Plasmaschweißens. © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Eine höhere Schweißgeschwindigkeit wird aber auch mit dem MIG-Schweißen erzielt, weil die Metall-Abschmelzrate hier höher ist als beim WIG-Schweißen. Allerdings birgt eine zu hohe Schweißgeschwindigkeit auch Risiken, wenn der Wasserstoff im flüssigen Metall nicht entweichen kann, bevor das Schweißbad fest wird. Das führt zu Porenbildung und einer reduzierten Produktqualität.

Sollen dünne Bleche geschweißt werden, können auch das Impulsschweißen, das Wechselstromschweißen und modifizierte Kurzlichtbogenprozesse genutzt werden.

Das Prinzip des MIG-Schweißverfahrens. - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Das Prinzip des MIG-Schweißverfahrens. © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Grundsätzlich sind beim Schweißen von Aluminium Schweißbrenner sinnvoll, die mit einem doppelten Kühlkreislauf ausgestattet sind. Denn der hohe Wärmeeintrag, der unter anderem durch Reflexionen an der Werkstückoberfläche zustande kommt, belastet die Schweißausrüstung immens. Mit einem doppelten Kühlkreislauf sind die Brenner und die Verschleißteile besser geschützt und haben so eine längere Standzeit.

Ein Blick auf die Drahtfördersysteme ist beim Aluminiumschweißen ebenfalls sinnvoll. Der sehr empfindliche Aluminiumdraht verträgt als Zusatzwerkstoff nur wenig Reibung und benötigt einen sehr gleichmäßigen Drahtvorschub. Ähnlich schwierig ist die Förderung von besonders dünnen Schweißdrähten aus anderen Materialien. Ein System, das für eine gleichmäßige und konstante Drahtführung sorgt, ist zum Beispiel das Master-Feeder-System MFS-V3.1 von ABICOR BINZEL.

Das komplette Master-Feeder-Systems MFS-V3.1 für Laserschweißen und Laserlöten. - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Das komplette Master-Feeder-Systems MFS-V3.1 für Laserschweißen und Laserlöten. © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Herzstück des modular aufgebauten Master-Feeder-Systems MFS-V3.1 sind zwei präzise aufeinander abgestimmte Drahtvorschübe. Das System eignet sich für Drähte aus unterschiedlichen Materialien und für die Schweißverfahren MIG, WIG, Plasma und Laser.

Werden hohe Geschwindigkeit und Präzision benötigt, wird in der Regel das Laserschweißen genutzt. Vor allem in der Automobilindustrie hat sich dieses Verfahren durchgesetzt. Das MIG-Laser-Hybrid-Verfahren kombiniert den Laser- und den MIG-Schweißprozess. Dabei treffen ein fokussierter Laserstrahl und der MIG-Lichtbogen im gleichen Moment auf die zu schweißende Naht. Die Vorteile dieses Verfahrens sind seine hohe Stabilität, seine hohe Abschmelzleistung und sein hoher thermischer Wirkungsgrad.

Das Verfahrensprinzip beim MIG-Laser-Hybrid-Schweißen. - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Das Verfahrensprinzip beim MIG-Laser-Hybrid-Schweißen. © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Ist Aluminium zukunftsfähig?

Fragt man die Automobilindustrie, lautet die Antwort meist: „Ja“. Die Branche verarbeitet mehr und mehr Aluminium. Dadurch lässt sich gleichzeitig das Fahrzeuggewicht senken und die Effizienz erhöhen. Aktuellen Berichten zufolge planen beispielsweise die Hersteller Volvo und Tesla für die nächste Generation ihrer Elektrofahrzeuge mit Karosseriebestandteilen, die komplett im Aluminiumdruckgussverfahren gefertigt sind.

Einsatz von Aluminium in Fahrzeugkarosserien bis 2030 (Quelle: Statista). - © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG
Einsatz von Aluminium in Fahrzeugkarosserien bis 2030 (Quelle: Statista). © Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG

Was bleibt, sind die Herausforderungen beim Schweißen von Aluminium. Um sie zu meistern, braucht es Prozesskenntnisse, eine gute Schweißnahtvorbereitung und eine geeignete Schweißausrüstung. Dazu gehören beispielsweise Schweißbrenner, Drahtvorschub und Schweißroboter. Ein Material mit Zukunftspotenzial sind Aluminiumlegierungen auch wegen ihrer großen Bedeutung für den Leichtbau.

Für weitere Details zur Verarbeitung von Aluminium empfehlen die Experten von ABICOR BINZEL den Beitrag »So schweißt man Aluminium richtig«. Gerne steht der Autor auch für Fragen zu den verschiedenen Schweißverfahren zur Verfügung.

(Quelle: Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG, Autor: Prof. Dr.-Ing. Emil Schubert)

Schlagworte

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