Personalengpässe meistern, Produktivität steigern: Schweißrobotersystem für die Fertigung von Hofladern
Qualifizierte Schweißfachkräfte sind immer schwieriger zu finden. Diese Erfahrung machte auch der Hoflader-Hersteller Thaler, weshalb sich das Unternehmen für die Investition in eine Schweißroboteranlage entschieden hat. Die Wahl fiel auf eine Anlage des Typs ARCentre Pro aus dem Hause ERL. Seit Sommer 2021 ist die Anlage im Einsatz und fertigt unterschiedliche Baugruppen. Der Spezialist für Hoflader konnte damit nicht nur den Personalmangel ausgleichen, sondern zugleich die Schweißnahtqualität verbessern und die Fertigungszeiten reduzieren.
Die im September 1997 als Bauschlosserei und Maschinenwerkstatt gegründete Thaler GmbH hat sich durch innovative und individuelle Sonderlösungen zu einem zuverlässigen Partner im Stahl- und Maschinenbau entwickelt. Heute umfasst das Fertigungsprogramm des Herstellers von Hofladern insgesamt 31 Modelle, darunter Kleinstlader mit 20 PS, Radlader mit 72 PS und einem Eigengewicht von 5,2 Tonnen, aber auch Mini-Teleskoplader sowie die wendigen 5-Achslenker. Da die Firma Thaler besonderen Wert auf die Fertigungstiefe legt, baut sie auch den Großteil ihrer Anbaugeräte selbst – von Palettengabeln über Schaufeln sämtlicher Breiten bis hin zu Kehrbesen, Einstreugeräten, Kommunalgeräten und anderen Spezialgeräten. Gefertigt werden alle Thaler-Produkte im Werk in Polling, Oberbayern. Anwendung finden sie beispielsweise auf Landwirtschaften, Pferdebetrieben, Ferienhöfen oder Holzverarbeitungsbetrieben.
Großserien mit dem Roboter schweißen
„Bevor wir die Schweißroboteranlage von der Firma ERL bekommen haben, haben wir unsere Arbeit hauptsächlich über Handschweißarbeitsplätze abgebildet. Wir haben zwischen 15 und 18 Arbeitsplätze in dem Bereich“, berichtet Manfred Thaler, Geschäftsführer der Thaler GmbH. „Dass wir uns entschlossen haben, die Schweißerei teilweise zu automatisieren, liegt zum einen am Durchschnittsalter der Belegschaft in dem Bereich. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Da haben wir uns schließlich etwas überlegen müssen, wie wir zukünftig die Aufgaben bewältigen können“, so Thaler weiter. Das Unternehmen hat sehr viele Teile, die in großen Stückzahlen gebraucht werden. Ziel war es, diese auf die Schweißroboteranlage zu verlegen, um das vorhandene Handschweißpersonal für komplizierte Baugruppen einsetzen zu können und die einfachen Großserien vom Schweißroboter abarbeiten zu lassen. Des Weiteren hat sich Thaler von der Schweißroboteranlage versprochen, kurzfristige Personalausfälle, wie etwa durch Krankheit, auffangen zu können.
Der Spezialist für Hoflader hat sich für eine Schweißroboteranlage des Typs ARCentre Pro 5PD1R von ERL entschieden, die für das Schutzgas-Schweißen von Klein- und Großserienbauteilen ausgelegt ist. Diese Baureihe zeichnet sich durch ein Mehrachspositioniersystem und eine staplerbare Plattform aus. Auf dieser Plattform sind alle Komponenten aufgebaut, wodurch auch im Falle eines Standortwechsels innerhalb der Fertigung kein Nachteachen erforderlich ist. Für eine hohe Produktivität verfügt die Anlage über zwei Arbeitsstationen, d.h. der Roboter kann auf einer Seite schweißen, während das Bedienpersonal den Tisch auf der zweiten Station neu bestückt.
„Wir haben uns für eine Anlage von ERL entschieden, weil wir uns aus früheren Jahren schon gut kennen. Die Firma ERL ist nur eine Autostunde entfernt, was im Service- oder Wartungsfall ein großer Vorteil ist“, erzählt Manfred Thaler. Ausschlaggebend sei zudem gewesen, dass bei der Firma ERL kompetente Mitarbeiter vorhanden sind. „Wenn während des Programmierens irgendwelche Fragen auftreten, wird man sofort bedient. Fragen werden umgehend beantwortet und Lösungsansätze für neue Bauteile vermittelt“, so der Geschäftsführer.
Leistungsstarke Komponenten
Das Herzstück der ARCentre Anlage bildet ein Panasonic Schweißroboter TM-2000. Er ist mit sechs Achsen ausgestattet und hat eine Reichweite von rund zwei Metern. In puncto Schweißtechnik kommt eine integrierte 450 A Tawers Stromquelle von Panasonic in Kombination mit einem wassergekühlten DINSE Brennersystem zum Einsatz. Darüber hinaus steht im Arbeitsbereich des Roboters eine Brennerreinigungsstation zur Verfügung. Diese reinigt den Gasdüseninnenraum per pneumatisch betriebenen Fräser nach einer vordefinierten Anzahl an Schweißzyklen automatisch. Um den Tool Center Point (TCP) überprüfen zu können, ist in den Schutzzaun eine Kontrollstation integriert, sodass ein Zutritt zur Zelle nicht erforderlich ist. Zu Wartungs- oder Umrüstzwecken ist die Roboterzelle dem Bedienpersonal über eine Servicetür zugänglich. Bei einer etwaigen Kollision kann der Pistolenkopf mittels Richtlehre auf den richtigen TCP überprüft und gegebenenfalls zurückgestellt werden.
Für kurze Nebenzeiten setzt der Anwender bei der Wahl des Schweißdrahtgebindes auf 250 kg Fässer. Diese befinden sich außerhalb der Anlage. Den Drahttransport zum Roboter übernimmt das Drahtfördersystem Rolliner. Dieses zeichnet sich durch seine jeweils um 90° versetzten Rollenpaare aus, durch welche die Drahtelektrode geführt wird. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige Drahtförderung, die wiederum in einer hohen Lichtbogenstabilität resultiert. Außerdem werden auf diese Weise Abrieb und damit anfallende Wartungsarbeiten vermieden. Dank dem enthaltenen Schnellwechselsystem kann der Anwender ohne Werkzeug zwischen Fass- und Korbspulenhalterung hin- und herwechseln und somit Sonderwerkstoffe bzw. –aufträge ebenfalls am Roboter verarbeiten.
Zum Schutz der Mitarbeiter vor dem entstehenden Schweißrauch verfügt die Anlage über eine integrierte Absaugung. Die Absaughaube deckt den gesamten Arbeitsbereich des Roboters ab und erfasst den entstehenden Schweißrauch vollständig. Gefiltert wird der Schweißrauch von einer dezentralen Absauganlage mit einer Filterfläche von rund 106 m² und einem Abscheidegrad von 99,9 % bei einer Partikelgröße von 1 µm.
Mehrachspositioniersystem für maximale Flexibilität
Das Anlagenkonzept sieht einen 2-Stationen-Betrieb vor. Dafür kommt ein elektrisch betriebener 180° Takttisch zum Einsatz, der die Bauteile dem Arbeitsbereich des Roboters zuführt. Auf beiden Tischseiten kann jeweils eine Schweißvorrichtung zur Aufnahme von Bauteilen angebracht werden. Die beiden Stationen sind durch einen Blendschutz voneinander getrennt, sodass der Roboter auf einer Seite schweißen kann, während der Bediener auf der anderen Seite die fertigen Bauteile entnehmen und die Vorrichtung neu bestücken kann. Auf beiden Tischseiten stehen zudem externe Zusatzachsen zur Verfügung, die es ermöglichen, die Stationen um jeweils 180° zu wenden. Für eine optimale Zugänglichkeit des Roboters ist die Tischseite zum Arbeitsbereich hin erhöht. Zur Einlegeseite hin fällt sie ab, sodass die Bauteile auch für den Bediener gut erreichbar sind. Bei Bedarf kann das Bedienpersonal auch die externe Achssteuerung nutzen, um die Vorrichtung im Einlegebereich in eine noch komfortablere Position für die Be- und Entladung zu bringen - auch wenn gleichzeitig auf der anderen Achse das Roboterschweißprogramm läuft. Die benötigten Schweißvorrichtungen produziert Thaler selbst. Damit erreicht das Unternehmen ein Höchstmaß an Flexibilität, denn so kann die Fertigung auf der Schweißroboteranlage beliebig erweitert werden.
Die Handhabung der ARCentre-Anlage ist denkbar einfach: Nachdem der Bediener die Vorrichtung auf einer Tischseite fertig bestückt hat, verlässt er den Einlegebereich, der durch Lichtschranken abgesichert ist, und kann durch ein frontseitig am Schutzzaun angebrachtes HMI-Bedienpult das passende Programm auswählen und den Roboter starten. Thaler plant langfristig bis zu 800 verschiedene Baugruppen auf der Roboteranlage zu fertigen. Die Programmauswahl würde bei einem entsprechend umfangreichen Verzeichnis eine enorme Zeit in Anspruch nehmen. Um den Vorgang zu erleichtern und zu beschleunigen, bietet diese Anlage die Möglichkeit, das richtige Schweißprogramm per Handscanner auszuwählen. Mit diesem können Strichcodes von den Begleitpapieren der zu schweißenden Bauteile eingelesen werden. Das Aufrufen des entsprechenden Schweißprogramms erfolgt automatisch. Auf diese Weise profitiert Thaler nicht nur von einer Zeitersparnis, auch Verwechslungen können ausgeschlossen werden.
Offline-Programmierung ein großes Plus
Für die Erstellung der Schweißprogramme steht Thaler die Programmiersoftware Panasonic DTPS zur Verfügung. Mit dieser Software ist es möglich, den Roboter auch offline, das heißt vom PC aus, zu programmieren. „Währenddessen kann der Schweißroboter arbeiten. Das spart Zeit und das Programmieren am PC ist natürlich effizienter als das Programmieren am Werkstück“, berichtet Manfred Thaler.
Zum Erstellen und Bearbeiten der Schweißprogramme stehen praktische Features, wie etwa die Shift-, Dreh-, Kopier- oder Spiegelfunktion, zur Verfügung. Das Programm erstellt nicht nur die Bewegungsbefehle des Roboters, sondern gestattet auch die Eingabe der Schweißparameter und -geschwindigkeit. Bei Bedarf steht in der Software der Schweißnavigator unterstützend zur Verfügung und erleichtert den Produktionseinstieg. Zum Funktionsumfang von Panasonic DTPS gehören aber auch beispielsweise das Importieren von externen CAD-Daten, Zugänglichkeitsanalysen, die Berechnung von Schweiß- und Zykluszeiten sowie die Kollisionsüberwachung beim Programmablauf.
Um höchste Genauigkeit und Schweißnahtqualität zu erreichen, hat sich Thaler für verschiedene Zusatzfeatures entschieden: die Dickblech-Schweißsoftware, den Touch Sensor und den Arc Sensor. Mit der TAWERS Dickblech-Schweißsoftware können durch eine umfassende Parameterbibliothek umfangreiche Programme für die Mehrlagenschweißung von Dickblechen in kurzer Zeit erstellt werden. Dank des Touch Sensors wird automatisch eine dreidimensionale Verschiebung der Programme vorgenommen, falls die Bauteile große Toleranzen haben. Es wird ein Unterprogramm erstellt, mit dem der Roboter mit der Gasdüse das Bauteil in X-, Y- und Z-Richtung sucht und mit korrigierten Daten den Schweißprozess beginnt. Der Arc Sensor verhindert, dass bei großen Werkstücktoleranzen oder Wärmeverzug der tatsächliche Schweißnahtverlauf von dem programmierten abweicht. Diese Abweichungen werden durch den Arc Sensor mithilfe des Pendelschweißens automatisch korrigiert, indem ein fester Spannungswert während des Pendelschweißens an beiden Blechen nahezu eingehalten wird.
Roboterschweißen erfolgreich angelaufen
Die Schweißroboteranlage ARCentre Pro ist bei Thaler seit Sommer 2021 in Betrieb. Nach knapp einem Jahr fällt das Fazit durchweg positiv aus. Im Vergleich zum Handschweißen sei der Roboter deutlich schneller. Nicht nur wegen der höheren Schweißgeschwindigkeiten, sondern auch durch das effizientere Handling dank der angetriebenen Zusatzachsen. „In Summe auf die Größe der Serie, die man abbildet, kommt ein Zeitvorteil von ungefähr 35 bis 40 % raus“, berichtet Manfred Thaler. „Auch die Schweißnahtqualität ist sehr stabil und die Schweißnähte sehr schön, aber auch über die ganze Serie gleichbleibend“, so der Inhaber.
Bereits mehrere Hoflader-Komponenten wurden zwischenzeitlich auf den Schweißroboter umgestellt, weitere sollen folgen. „In Summe haben wir acht Bauserien, die wir auf der Anlage schweißen. Es kommen kontinuierlich neue Schweißlehren dazu. Letztendlich wollen wir Minimum auf einen Zweischichtbetrieb gehen; wenn es der Bedarf hergibt, dann auch mal auf einen Dreischichtbetrieb. Geplant ist vielleicht auch eine zweite Anlage von der Firma ERL, weil das Konzept ist einfach stimmig“, blickt Thaler in die Zukunft.
(Autorin: Stefanie Kaufmann, ERL GmbH Schweissen + Schneiden)
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