Unternehmensbefragung zum weltweiten Klimaschutz: viel guter Wille, wenig Konzepte
Wie gehen die unterschiedlichen Wirtschaftsstandorte in aller Welt mit dem Thema Klimaschutz um? Wie steht es aus der Sicht von Unternehmen akut um die globale Bewältigung der Klimakrise? Eine Befragung von fast 3.000 im Ausland aktiven deutschen Betrieben eröffnet einen Überblick über die weltweite Klimaschutz-Diskussion.
Der wirksame Umstieg auf erneuerbare Energie als Mittel gegen den weltweiten Klimawandel ist eines der drängendsten globalen Themen. Es beschäftigt deshalb auch die international aktiven deutschen Unternehmen. Der russische Angriff auf die Ukraine und seine Folgen für die Energieversorgung haben der Transformation noch einmal zusätzliche Dynamik verliehen. Im April und Mai 2022 befragten die Auslandshandelskammern (AHKs) unter Koordination des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ihre Mitgliedsunternehmen, als wie relevant das jeweils abgefragte Klimaschutz-Thema in ihren Gastländern eingeschätzt wird.
Deutschland bei der öffentlichen Diskussion vorn, bei der Praxis im Mittelfeld
Die Antworten stammen aus insgesamt 56 Ländern. Sie zeigen, dass der Klimaschutz in den meisten Staaten weltweit eine herausragende Rolle in der öffentlichen Diskussion einnimmt. Hier rangiert auch Deutschland nach Ländern wie Norwegen, Schweiz, Finnland, Österreich, Dänemark oder Schweden in der Spitzengruppe.
Bei der Frage nach praktischen und zukunftsträchtigen Klimaschutzmaßnahmen und ihrer konkreten Wirksamkeit sehen die befragten Unternehmen dagegen Deutschland nur im Mittelfeld. So glauben 26%, dass die Bundesrepublik eine überzeugende Strategie für die Energiewende verfolge. Bei der Frage, ob dies für das jeweilige Gastland zutrifft, liegen die nordeuropäischen Staaten Dänemark, Schweden und Finnland in der Spitzengruppe, erstaunlicherweise ebenso wie die beiden südamerikanischen Staaten Uruguay und Chile mit Zustimmungswerten über 70%.
Erhebliche Unterschiede beim Wasserstoff
Beim Stellenwert von Wasserstoff (H2) in der öffentlichen Diskussion gibt es ebenfalls große Unterschiede: Schon jetzt sehr H2-orientierte Länder bekommen ein positives Feedback von den Unternehmen: Das sind zum einen künftige "Wasserstoffverbraucher" wie Großbritannien, Japan, Korea und zum anderen "Wasserstoffproduzenten" wie Saudi-Arabien, Chile, Australien oder Norwegen. In dieser Spitzengruppe findet sich keines der an der Umfrage beteiligten EU-Länder.
Deutschland, Europa und die Region Afrika, Nah- und Mittelost bilden hinsichtlich der Bedeutung von Wasserstofftechnologie gemeinsam das Mittelfeld. Das lässt sich dadurch erklären, dass hier eine H2-Infrastruktur noch in weiter Ferne liegt. Nordamerika hingegen rangiert mit einem Wert von 2,7 ziemlich weit hinten, da es noch stark mit fossilen Energien, insbesondere Gas, beschäftigt ist.
Das Thema der nachhaltigen Unternehmensfinanzierung ("Sustainable Finance") als Mittel zur Förderung nachhaltiger wirtschaftlicher Aktivitäten hat nur für Großbritannien als großer Finanzplatz und für Schweden eine erhebliche Bedeutung. Europa bleibt trotz der aktuellen Diskussion um Taxonomie und künftige Berichtspflichten bei diesem Thema hinter Ländern wie den Philippinen, Indien und Kolumbien zurück.
Internationalen "Klimaclub" aufbauen
"Die Unternehmen attestieren den meisten Staaten den Willen zu mehr Klimaschutz", fasst DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Ergebnisse der Erhebung zusammen. "Allerdings fehlen fast überall die dafür notwendigen Rahmenbedingungen und schlüssigen Konzepte für eine erfolgreiche Energiewende. Hier kann ein globaler Klimaclub mit gemeinsamen Standards, Instrumenten und Ausgleichsmechanismen den Weg für effektiven Klimaschutz ebnen."
Die Befragung zeige, dass der Klimaschutz weltweit einen ähnlich hohen Stellenwert einnehme wie in Europa, so Treier weiter. "Dieses Momentum sollten wir nutzen, um einen internationalen Klimaclub mit vielen verbündeten Staaten aufzubauen. Er würde – anders als der EU-Grenzausgleich – auch den internationalen Wettbewerb berücksichtigen, anstatt neuen Protektionismus zu schüren und Produktionsverlagerungen zu provozieren."
Die Ergebnisse der Befragung sind auf der Website von Germany Trade & Invest (GTAI) zu finden, wo sie zusammen mit von der GTAI bereitgestellten Zahlen und Fakten in den Klimaschutzatlas eingeflossen sind, ein Gemeinschaftsprojekt von GTAI, AHKs und DIHK.
Die Befragung der 2.860 Unternehmen erfolgte im April und Mai 2022. Die Antworten kamen zu 41% aus der Industrie (inklusive Bauindustrie), zu 38% von Dienstleistern und zu 21% von Handelsbetrieben. Ein Drittel der Antworten stammt von Unternehmen, die weltweit mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, der Rest von Betrieben mit weniger als 1.000 Beschäftigten.
(Quelle: Presseinformation des DIHK)
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