Kleine Losgrößen automatisiert schweißen – bald auch für KMUs selbstverständlich?
„Panta rhei” – alles fließt, alles ist im Wandel, proklamierte der griechische Philosoph Heraklit und traf damit den Nagel auf dem Kopf. Weil das heutzutage für die Wirtschaft mehr denn je gilt. Innovationsdruck, Digitalisierung, ständig steigende Qualitätsansprüche und der demografische Wandel, der mit einem zunehmenden Verlust von Fachkräften in der Schweißtechnik einhergeht, verlangen nach neuen Konzepten und Automatisierung. Investitionen in Robotik sind jedoch in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Zahlt sich das auch für kleine und mittlere Betriebe (KMUs) aus, wo normalerweise unterschiedliche Bauteile in kleinen Losgrößen manuell geschweißt werden? Intelligente Software-Lösungen, kollaborierende Roboter und Wire Additive Arc Manufacturing (WAAM) eröffnen völlig neue Möglichkeiten.
Steigende Qualitätsansprüche, lückenlose Schweißdatendokumentation
Hightech-Produkte wohin man sieht, Nachhaltigkeitsaspekte und Sicherheitsnormen treiben die Qualitätsansprüche der Betriebe in die Höhe. Schweißnähte müssen jederzeit in exakt gleicher Qualität reproduzierbar sein und eine lückenlose Schweißdatendokumentation zur Nachvollziehbarkeit aller Schweißarbeiten an sämtlichen Bauteilen ist schon heute in vielen Branchen State of the Art. Wird manuell geschweißt, lassen sich diese Ansprüche nicht erfüllen. Die Lösung lautet Automation. Das gilt auch für kleine und mittlere Betriebe. KMUs tun sich häufig noch schwer mit der Umstellung auf automatisierte Schweißprozesse, obwohl diese deutlich konstantere Schweißergebnisse erzielen. Hohe Anschaffungskosten für Schweißroboter und die damit verbundenen notwendigen Programmierkenntnisse stehen kleinen Losgrößen gegenüber. Kollaborierende Roboter, sogenannte Cobots können hier Abhilfe schaffen.
Cobots – ideal für kleine und mittlere Losgrößen
Hohe Sicherheitstechnik, kompakte Bauweise, Flexibilität beim Schweißen unterschiedlicher Bauteile und günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bieten ideale Voraussetzungen für den Einsatz in Schweißfachbetrieben und kleineren Werkstätten. Infolge ihrer präzisen Brennerbewegungen liefern Cobots in Kombination mit intelligentem Schweißequipment, zum Beispiel Fronius-Schweißgeräte der neuesten Generation, perfekte und jederzeit wiederholbare Schweißnähte. Bei Bedarf auch in Serie.
„Flexibilität, wie Sie beim Schweißen ungleicher Komponenten in kleinen Stückzahlen benötigt wird, ist eine der größten Stärken von Cobot-Schweißzellen”, unterstreicht Anton Leithenmair, Leiter der Fronius Welding Automation.
Hochbezahlte Programmierer? Nicht für Cobots!
„Die Programmierung ist intuitiv und kann von jeder Schweißfachkraft in wenigen Stunden erlernt werden”, erklärt Bernd Huemer, Gruppenleiter des Produktmanagement-Teams der Fronius Welding Automation. „Spezielle Programmierkenntnisse zum Programmieren der Schweißabläufe sind für Cobots nicht notwendig.”
Im ersten Schritt wird der am Roboterarm montierte Brenner manuell zu den gewünschten Punkten bewegt. Auf Tastendruck werden dann die Start- und Endpunkte sowie die einzelnen Positionspunkte für den Schweißvorgang gespeichert und in das Schweißprogramm übernommen. Man spricht hier auch vom „Teachen des Cobots”. Für die Auswahl der erforderlichen Schweißparameter stehen häufig vordefinierte Jobs zur Verfügung. Cobot-Schweißzellen wie die neue CWC-S* von Fronius ermöglichen eine Drag & Drop-Programmierung von Längs- und Rundnähten sowie Pendelparametern. Noch bevor mit dem tatsächlichen Schweißvorgang begonnen wird, kann der Bediener den Schweißvorgang simulieren und gegebenenfalls auf Störkonturen reagieren und den Pfad korrigieren. Ist der Cobot einmal programmiert, schweißt er Bauteil für Bauteil in gleicher Qualität und in gleicher Geschwindigkeit. Einen ganzen Arbeitstag lang. Das ist selbst der besten Schweißfachkraft nicht möglich. Das Bestücken mit Bauteilen sowie das Starten der Schweißprogramme kann von Anlernkräften erfolgen. Das spart Personalkosten und hält die Schweißfachkräfte für anspruchsvolle Schweißaufgaben frei.
Schweißparameter auf „Knopfdruck”
Mit der WeldConnect-App hat Fronius ein intuitives Werkzeug zum schnellen Finden von Schweißparametern im Programm. Schritt für Schritt erfragt die Anwendung Informationen zu Schweißprozess, Grundmaterial, Nahtform und Schutzgas. Werden diese eingegeben, berechnet der Wizard präzise die für den jeweiligen Job optimalen Schweißparameter.
„WeldConnect macht das Definieren von Schweißparametern für viele zum Kinderspiel”, wirft Bernd Huemer ein. “Gekoppelt mit der Expertise erfahrener Schweißspezialisten, die Anlernkräften mit Ihrem Fachwissen zur Seite stehen, steht hochwertigen Schweißergebnissen nichts mehr im Wege!”
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Rasches Umrüsten kein Problem!
Die schnelle und intuitive Programmierung erleichtert das Umrüsten auf neue Schweißaufgaben. Auch dann, wenn sich die Bauteilgeometrie von Bauteil zu Bauteil ändert. Somit sind Cobot-Schweißzellen nicht nur für das Schweißen von Kleinserien, sondern auch für kleine Losgrößen ab Losgröße eins prädestiniert. Die CWC-D von Fronius ermöglicht einen Zwei-Stationen-Betrieb und dadurch ein beschleunigtes Positionieren und Fixieren neuer Bauteile: Noch während der Cobot die Schweißaufgabe erledigt, kann bereits ein neuer Bauteil vorbereitet werden.
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Datenmanagement-Software hilft, Schweißprozesse zu optimieren
Im Bereich der Schweißtechnik ist es heute notwendig, Schweißdaten lückenlos aufzuzeichnen, zu dokumentieren und zu analysieren. Dafür stehen innovative Softwarepakete zur Verfügung, die eine präzise Aufzeichnung und Analyse sämtlicher Schweißdaten ermöglichen – Bauteil für Bauteil. Fronius verwendet dafür die Datenmanagement-Software WeldCube. WeldCube bietet eine durchgehende Schweißnahtüberwachung und unterstützt die Schweißfachkräfte bei der Identifikation von Optimierungspotenzial.
Auch Industrieroboter für kleine Losgrößen ein Thema
Nicht nur Cobots eignen sich für das Schweißen von kleinen Losgrößen. Vor allem dort, wo KMUs Qualitätsmanagement (QM) nach ISO 9001 betreiben, werden heutzutage klassische Roboterschweißzellen eingesetzt. Zum einen, weil sie größere Reichweiten erzielen und so das Schweißen größerer Bauteile ermöglichen, zum anderen weil hohe Qualitätsmanagement-Ansprüche – zum Beispiel in der Autoindustrie – eine konstante Schweißqualität über den gesamten Produktionszyklus hinweg erfordern.
Präzision und Wiederholgenauigkeit sind die typischen Stärken von Roboter-Schweißzellen. Die digitale Vernetzung aller Module mit einer übergeordneten, intuitiv zu bedienenden Systemsteuerung gewährleistet exakte, vollautomatische Abläufe und sorgt neben perfekten Schweißnähten für ein hohes Maß an Autonomie im Workflow, sowohl beim Bauteil-Handling als auch beim Schweißen. Manuelle Tätigkeiten werden eingespart, die Schweißarbeiten wirtschaftlicher.
„Ein weiterer Vorteil der Anlagenautonomie liegt in der erhöhten Sicherheit des Operators. Rauchgasabsaugungen, Schutzeinhausung, Lichtschranken oder Not-Aus-Taster verhindern gesundheitliche Schäden und Verletzungen“, führt Leithenmair an.
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Sensoroptiken und -werkzeuge für konstant perfekte Schweißqualität
Für eine lückenlose Qualitätskontrolle steht heute umfangreiche Sensorik zur Verfügung. Beispiele dafür sind optische Schweißnaht-Überwachungssysteme oder Schweißnahtprüfsysteme mit Laseroptik. Mit WireSense und SeamTracking verfügt die Fronius Welding Automation eigene Systeme für die Schweißnahtkontrolle. WireSense nutzt den Schweißdraht als Sensor, wogegen SeamTracking den Schweißnahtverlauf durch Pendelbewegungen des Brenners zuverlässig steuert und bei Bedarf korrigiert – in Echtzeit und ohne das Schweißen zu unterberechen.
Weniger Stillstandzeiten durch Offline-Programmierung
Effizienz und Output sind maßgebliche Indikatoren für die Wirtschaftlichkeit von Rotoberschweißzellen. Werden die Schweißbahnen offline – also getrennt von der Roboterschweißzelle – programmiert, können die Schweißfolgen abseits der Anlage bis ins Detail optimiert werden. Auf das Ende laufender Schweißarbeiten muss dabei nicht gewartet werden. Stattdessen kann der Roboter vom PC oder Laptop aus programmiert und im Anschluss der gesamte Schweißablauf offline simuliert werden. Schweißnaht für Schweißnaht.
„Wir bei Fronius verwenden dafür die leistungsstarke Offline-Programmier- und Simulationssoftware Pathfinder. Sie erkennt Achslimits, berechnet Startpunkte, Endpunkte sowie Anfahrtswege und setzt selbstständig Positionspunkte. Störkonturen werden visualisiert und Brenneranstellungen korrigiert. All das im Vorfeld und nicht erst während der Schweißarbeiten”, geht Leithenmair ins Detail. „Robotik macht den Schweißberuf um einiges interessanter. In Zukunft werden Schweißfachkräfte immer öfter Schweißfolgen programmieren, statt nur zum Brenner zu greifen. Besonders für junge Digital Natives wird die Schweißausbildung auf diese Weise enorm aufgewertet. Weil Robotik die Jungen einfach begeistert! Ein Vorteil für viele Betriebe, die Schweißer-Lehrlinge wieder leichter finden werden”, führt Huemer zusätzlich ins Treffen.
Großes Potential für WAAM
Wire Arc Additive Manufacturing, die Fertigung von Metallkomponenten mittels lichtbogenbasiertem Lagenaufbaus ermöglicht große Flexibilität bei variierenden Bauteilformen. Speziell für den Prototypenbau, wo häufig neu entworfene Metallkörper in kleinen Stückzahlen geschweißt werden, aber auch für Kleinserien ist WAAM ein ernst zu nehmendes Produktionsverfahren.
WAAM baut mithilfe einer abschmelzenden Drahtelektrode Schicht für Schicht Metallteile auf. Das Verfahren ist besonders dann von Vorteil, wenn komplexe Bauteile produziert werden. Dem Design sind kaum Grenzen gesetzt und jedes Bauteil kann in kurzer Zeit wirtschaftlich gefertigt werden. Zerspanende Verfahren sind dagegen zeitaufwendiger und verursachen, bedingt durch Fräsarbeiten, einen relativ hohen Materialverlust und Werkzeugverschleiß.
Kalter Schweißprozess für stabilen Lagenaufbau
Für die Fertigung von Bauteilen mit WAAM sind die Stabilität des verwendeten Schweißprozesses und die Wärmeableitung entscheidend. Der Schweißprozess muss so energiearm, also so „kalt” wie möglich sein, damit untere Schichten nicht erneut aufschmelzen. Außerdem muss die geschweißte Lage durchgängig gleichmäßig und spritzerfrei sein. Fehler würden sich in den folgenden Lagen fortsetzen. Der MSG-Schweißprozess CMT von Fronius erfüllt diese Ansprüche. Er zeichnet sich durch einen stabilen Lichtbogen und einen kontrollierten Kurzschluss mit langen Kurzschlusszeiten aus. Der Wärmeeintrag ist geringer und der Werkstoffübergang annähernd spritzerfrei.
WAAM-Anwendungen in der Praxis
Zahlreiche WAAM-Bauteile wurden bereits in unterschiedlichen Industriezweigen mit Fronius-Schweißtechnik hergestellt. Lüfterräder zum Beispiel, wie sie in der Elektroindustrie eingesetzt werden, bestehen aus hochwertigen Materialien. Die Werkstücke zu fräsen wäre wegen des hohen Materialverbrauchs kostspielig und ein Guss von dünnen Wandstärken von etwa 1,5 Millimetern meist kritisch. Mit WAAM auf Basis von CMT konnten Lüfterradschaufeln aus Nickel-Basis-Legierung additiv in der gewünschten Qualität erzeugt werden. Auch Reparaturarbeiten konnten mit WAAM an unterschiedlichen Bauteilen problemlos durchgeführt werden.
„WAAM stellt eine wirtschaftliche und vielfältig anwendbare Alternative in der Fertigung dar. Mit Fronius-Technologie kann das additive Verfahren aufgrund des CMT-Prozesses einwandfrei umgesetzt werden”, resumiert Leithenmair.
Besuchen Sie uns auf der automatica in München! 21. – 24.6. 2022, Halle B6, Stand 328.
Webseite: www.fronius.com
E-Mail: sales.automation@fronius.com
(Quelle: Fronius International GmbH)
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