Forschung
Manuelle Zellfertigung im Batterietechnikum. Dieses bündelt die Kompetenzen des KIT entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Batterien. - © Markus Breig, KIT
06.09.2022

Materialrecycling: Aus alten Batterien werden neue

Materialrecycling: Aus alten Batterien werden neue

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist maßgeblich an einem neuen Projekt zum Batterierecycling beteiligt: In „LiBinfinity“ erarbeiten Partner aus Forschung und Industrie ein ganzheitliches Konzept zur Wiederverwertung der Materialien von Lithium-Ionen-Batterien. Dazu wird ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren ohne energieintensive Prozessschritte vom Labor in einen für die Industrie relevanten Maßstab überführt. Das KIT prüft die Rezyklate auf ihre Eignung zum Herstellen neuer Batterien. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity mit knapp 17 Millionen Euro, davon erhält das KIT rund 1,2 Millionen Euro.

Die Nachhaltigkeit der Elektromobilität hängt wesentlich von den Batterien ab. Diese enthalten wichtige Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan. Die in Lithium-Ionen-Batterien verwendeten Materialien lassen sich zu über 90 Prozent stofflich wiederverwerten. Doch das nun gestartete Projekt LiBinfinity geht darüber weit hinaus und zielt auf ein ganzheitliches Recyclingkonzept für Lithium-Ionen-Batterien (LiB). „Vor allem bei der Elektrifizierung von Lkws benötigen die Batterien so viel Material, dass ein Einsatz der Rezyklate für andere Anwendungen nicht ausreichend ist“, sagt Professor Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS) des KIT. „Vielmehr bedarf es eines geschlossenen Kreislaufs bei den Batterien selbst. Das bedeutet, die Materialien aus gebrauchten Batterien zur Herstellung neuer Batterien zu verwenden.“

In LiBinfinity erarbeiten Partner aus Forschung und Industrie einen Ansatz, der sich von Logistikkonzepten bis hin zur Reintegration von Rezyklaten in den Lebenszyklus der Batterie erstreckt. Sie entwickeln ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren, das ganz ohne energieintensive Prozessschritte auskommt und höhere Recyclingquoten ermöglicht: Materialien, die sich nicht mechanisch trennen lassen, werden unter relativ niedrigen Temperaturen mithilfe von Wasser und Chemikalien aufgespalten.

Kathodenmaterialien müssen hohe Anforderungen erfüllen

Das KIT übernimmt in LiBinfinity die Aufgabe, die Rezyklate, das heißt die wiedergewonnenen Stoffe, auf ihre Eignung als Ausgangsstoffe für die Herstellung neuer Batterien zu prüfen. „Diese Validierung ist unerlässlich, da Materialien für Batterien hohe Anforderungen erfüllen müssen“, erklärt Dr. Joachim Binder, Leiter der Forschungsgruppe Synthese und keramische Pulvertechnologie am IAM-ESS. „Vor allem gilt dies für Kathodenmaterialien, die Effizienz, Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Kosten der Batterien wesentlich mitbestimmen.“ Am KIT laufen für LiBinfinity folgende Arbeiten: Eingangskontrolle der Rezyklate, Synthese neuwertiger Kathodenmaterialien, Elektrodenfertigung, Herstellung von großformatigen Lithium-Ionen-Batteriezellen in Industriequalität, Zelltestung und Bewertung der Batteriezellen. Basierend auf den Untersuchungen werden die Anforderungen an die Qualität der Rezyklate festgelegt, um diese in den Wertstoffkreislauf zurückführen zu können.

Ein ganzheitliches Recyclingkonzept für Batteriematerialien verbessert nicht nur die Nachhaltigkeit der Elektromobilität unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten, sondern verringert auch Europas Rohstoffabhängigkeiten.

Über LiBinfinity

Für das Projekt LiBinfinity hat sich ein Konsortium um die Licular GmbH zusammengefunden, einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der Mercedes-Benz AG. Projektpartner sind neben dem KIT die Mercedes-Benz AG, die Daimler Truck AG, die Primobius GmbH, die SMS group GmbH, die Technische Universität Clausthal und die Technische Universität Berlin. Am Mercedes-Benz-Standort Kuppenheim entsteht eine Recycling-Pilotanlage mit einer Jahreskapazität von 2 500 Tonnen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert LiBinfinity in der Fördermaßnahme zum „Batterie-Ökosystem“ mit knapp 17 Millionen Euro. Davon erhält das KIT rund 1,2 Millionen Euro. Das Vorhaben LiBinfinity trägt soll wesentlich dazu beitragen, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen und derzeit noch in Abstimmung befindlichen Zielvorgaben im Rahmen der EU-Batterieregulierung zu erfüllen.

(Quelle: Presseinformation des KIT – Karlsruher Institut für Technologie)

 

Schlagworte

BatteriezellenproduktionElektromobilitätKreislaufwirtschaftRecyclingRessourceneffizienzRezyklate

Verwandte Artikel

Zusammensetzungen und Eigenschaften präzise, schnell und kostengünstig erfassen, um passende Materialkombinationen in Zukunft zum Beispiel aus Sekundärmaterialien zu finden – ein digitales Ökosystem für eine resiliente und nachhaltige Versorgung mit Funktionswerkstoffen erforscht das Fraunhofer-Leitprojekt ORCHESTER unter Mitwirkung des Fraunhofer IWS.
19.12.2024

Werkstoff- und Prozesslösungen für Herausforderungen bei Rohstoffengpässen

Das Fraunhofer IWS beteiligt sich an einem neuen Fraunhofer-Leitprojekt. Ziel ist es, die Versorgung mit Werkstoffen für die Energiewende zu sichern.

Energiewende Kobalt Lithium Materialengpässe Recycling Rohstoffe Rohstoffmangel Sekundärrohstoffe Seltene Erden Simulation
Mehr erfahren
29.11.2024

Deutsche Aluminiumindustrie: Produktionsrückgänge setzen sich fort

Die Lage der deutchen Aluminiumindustrie bleibt angespannt. Im dritten Quartal 2024 ging das Produktionsvolumen in den Betrieben erneut zurück.

Aluminium Aluminiumhalbzeuge Aluminiumindustrie Halbzeuge Recycling Wirtschaftsstandort Deutschland
Mehr erfahren
Mit Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eröffneten Vertreter der beteiligten Ministerien und des KIT symbolisch durch das Durchschneiden eines Bandes die neue agile Batteriezellfertigungslinie in der Karlsruher Forschungsfabrik. (v.l.n.r.: Stefan Jung, BMBF; Jürgen Fleischer, KIT; Ronny Feuer, MWK; Joachim Knebel, KIT)
15.10.2024

Weltweit erste agile Batteriezellfertigung eröffnet

Ein roboterbasiertes und modular aufgebautes, agiles Produktionssystem ermöglicht es künftig, bedarfsgerecht kundenindividuelle Batteriezellen in der geforderten Stückzah...

Automatisierung Batteriezellen Batteriezellenfertigung Elektromobilität Elektrowerkzeuge Roboterbasierte Automatisierung
Mehr erfahren
Gemeinsam Maßnahmen identifizieren und Lösungen ableiten – mithilfe des strukturierten VDI ZRE-Workshopformats
27.09.2024

Schnell, effizient und praxisnah in Richtung Digitalisierung

Ein Interaktives Workshopformat des VDI ZRE hilft dabei, Ressourceneffizienzpotenziale in der Produktion zu identifizieren und digitale Lösungen zu finden.

Digitalisierung KMU Produktion Ressourceneffizienz
Mehr erfahren
13.09.2024

Syensqo Unveils Innovative Material Solutions

Syensqo, previously part of Solvay Group, will debut at Fakuma 2024 with an array of solutions aimed at advancing key applications across industries.

Battery Materials Recycling Welding
Read more