Forschung
Glückliche Gewinner des Otto von Guericke-Preises 2019: Dr. Rigo Peters und Dr. Lars Molter (v.l.) - © AiF
15.11.2019

Otto von Guericke-Preis 2019 für stabile Verbindung aus Faserverbund und Stahl

Stabile Verbindung aus Faserverbund und Stahl – Innovation aus Hamburg holt Otto von Guericke-Preis 2019 der AiF

Ein Viertel aller CO2-Emissionen weltweit entstehen im Transportbereich. Die Verwendung von Konstruktionsteilen aus faserverstärkten Kunststoffen ist eine kluge Lösung für das Emissionsproblem, denn die Materialien bieten sehr gute mechanische Eigenschaften bei geringem Gewicht. Damit hilft der Einsatz der Leichtgewichte im Fahrzeugbau die CO2-Emissionen im Transportgewerbe zu reduzieren. Ein Problem besteht jedoch in der Verbindung von Faserverbundstoffen mit Stahlbauteilen. In Ermangelung besserer Möglichkeiten werden diese Materialien bis heute entweder verklebt oder verbolzt. Dabei kosten allein die Berechnung und Testphase der Bauteile so viel Zeit, dass die Konstrukteure oftmals weiterhin auf reine Stahlbauten setzen. Im Schiffbau stellt das ein großes Problem dar, denn in dieser Branche werden alle Stücke einzeln produziert. In der Folge steigen die Kosten enorm.

FAUSST verbindet verlässlich

Die Lösung für dieses Problem haben jetzt drei Wissenschaftler im Rahmen eines vom AiF-Mitglied Center of Maritime Technologies e.V. (CMT) koordinierten Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gefunden: Dr. Lars Molter und Dr. Rafael Luterbacher-Mus, bis 2018 beide am CMT in Hamburg, entwickelten gemeinsam mit Dr. Rigo Peters von der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern GmbH die Technologie FAUSST (Faserverbund-und- Stahl-Standardverbindung). Damit ist es erstmals möglich, Faserverbundbauteile und Stahlbauteile mithilfe eines hybriden Gewirks ohne jedwede mechanische Sicherung fest und sicher zusammenzufügen. Die so verbundenen Strukturen genügen auch den größten Anforderungen sowohl im Fahrzeug- und Schiffbau, als auch in der Luft- und Raumfahrt. Für ihre Leistungen wurden die Forscher am 13. November 2019 in Berlin mit dem Otto von Guericke-Preis der AiF ausgezeichnet. Der Preis wird einmal im Jahr für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die vorwettbewerbliche IGF wird im Innovationsnetzwerk der AiF und ihrer 100 Forschungsvereinigungen organisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Glückliche Gewinner des Otto von Guericke-Preises 2019: Dr. Rigo Peters und Dr. Lars Molter (v.l.) - © AiF
Glückliche Gewinner des Otto von Guericke-Preises 2019: Dr. Rigo Peters und Dr. Lars Molter (v.l.) © AiF
Drei Komponenten für FAUSST

„Unser Ziel war es, eine hybride Verbindungstechnologie für unterschiedliche Anforderungen im Schiffbau zu entwickeln. Das haben wir geschafft“, freut sich Molter. „Vergleiche zwischen dem klebetechnischen Fügen im Schiffbau und der FAUSST Technologie zeigen deren hohes Potenzial: Die Prozesszeit ist bis zu 50 Prozent schneller und selbst Einsätze, die sonst zu komplex und zeitaufwändig sind, lassen sich mittels FAUSST realisieren. Zudem ist die neue Technologie einfach in bestehende Prozessketten integrierbar.“ Molters Kollege Luterbacher-Mus beschreibt den Aufbau des FAUSST-Verbinders. „Er besteht aus drei Komponenten: Einem reinem Metallteil, einem Hybridteil und einem Glasteil, die miteinander verwirkt und an ein metallisches Halbzeug angeschweißt sind.“ Damit können Faserverbünde sicher, fest und ganz konventionell an metallische Strukturen geschweißt werden. Peters von der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern ergänzt: „Wir haben FAUSST in umfangreichen Testreihen untersucht. Die erzielten Ergebnisse haben die Anforderungen aus der Industrie über-erfüllt. Dies liegt vor allem daran, dass wir im Vergleich zum Kleben auch klassische Schweißverfahren einsetzen konnten“, erklärt der Forscher.

„FAUSST stellt genau die Verbindungsmöglichkeit dar, die den Markt trifft und den Anforderungen des Kunden entspricht“, so das Fazit von Jörg Bünker von der Saertex GmbH und Co. KG aus Saerbeck. „Endlich können wir klassische Konstruktionswerkstoffe wie Stahl oder Metalle sicher mit neuen Composite-Werkstoffen verbinden.“ Das Unternehmen war als Industriepartner im Projektbegleitenden Ausschuss an dem heute ausgezeichneten Projekt beteiligt.

Start-up gegründet – Transfer gelungen

Für Thomas Ketelhohn, Geschäftsführer des CMT, ist FAUSST „ein Paradebeispiel für den häufig geforderten Transfer von Forschungsergebnissen aus der Wissenschaft in die Wirtschaft“. Neben einer Patentanmeldung wurde im Juni 2018 die Hyconnect GmbH in Hamburg gegründet, um FAUSST für den industriellen Einsatz weiterzuentwickeln. Bisher konnten durch die Transfermaßnahmen fünf Industrieunternehmen gewonnen werden, die FAUSST für Ihre Anwendungen projektieren lassen. Ende gut, alles gut: „Die Zusammenarbeit zwischen Industriepartnern und Wissenschaftlern war hervorragend: Ein in jeder Hinsicht sehr gutes Beispiel für die IGF“, resümiert Ketelhohn.

Einen dreiminütigen Film zum Projekt FAUSST finden Sie hier.


Ihre Ansprechpartner zum Projekt

Dr. Lars Molter, Hyconnect GmbH, E-Mail: info@hyconnect.de, Telefon: +49 176 - 23815573
Thomas Ketelhohn, Center of Maritime Technologies e.V. – CMT, E-Mail: info@cmt-net.org, Telefon: +49 40 - 69 20 876-0

(Quelle: Presseinformation der AiF – Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen Otto von Guericke e. V.)

Schlagworte

FahrzeugbauFaserverbundstoffeLuftfahrtRaumfahrtSchiffbauStahlbau

Verwandte Artikel

06.11.2024

Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe 09/2024

Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind im September gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 4,2 % gestiegen, nachdem sie im August um...

Automobilindustrie Elektrische Ausrüstungen Fahrzeugbau Kfz-Teile Maschinenbau Metallerezugnisse Metallverarbeitung Wirtschaft
Mehr erfahren
Roboterschweißsystem, ausgestattet mit 2 CMT-Schweißbrennern, fügt die Endkappen an den Mantelschuss.
05.11.2024

Mit Leichtigkeit CO₂ sparen

Die SAG Group integriert innovative Leichtbauweise in den Fahrzeugbau und hilft dadurch CO₂ einzusparen. Geschweißt werden sie mit patentierter CMT- und WireSense-Technol...

Aluminium CO₂-Fußabdruck CO₂-Reduzierung Fahrzeugbau Leichtbau Schweißtechnik
Mehr erfahren
25.10.2024

Update: DIN 86090 „Rohrbogen zum Einschweißen in Rohrleitungen“

Mit Ausgabedatum Oktober 2024 ist die DIN 86090 „Formstücke zum Einschweißen in Rohrleitungen aus Kupfer-Nickel-Legierungen – Rohrbogen“ in einer neuen Fassung erschienen...

Formstücke Rohrbogen Rohrleitungen Schiffbau Schweißtechnik
Mehr erfahren
Dr. Tim Lantzsch (links) vom Fraunhofer ILT und Dr. Stefan Leuders (rechts) von voestalpine diskutieren über die aktuellen Trends im metallischen 3D-Druck, die das Potenzial haben, die industrielle Produktion nachhaltig zu verändern.
24.10.2024

Additive Fertigung im technologischen Wandel

Dr. Stefan Leuders (voestalpine Additive Manufacturing Center GmbH), und Dr. Tim Lantzsch, (Fraunhofer ILT) diskutieren über die aktuellen Trends der Additiven Fertigung.

Additive Fertigung Automobilindustrie Laser Powder Bed Fusion Luftfahrt Maschinenbau Metallischer 3D-Druck Metallverarbeitung Nachhaltigkeit Prozesssicherheit Raumfahrt
Mehr erfahren
Julianna Posey beim Vorbereiten der Stahlproben für ihre Untersuchung. Die US-Amerikanerin ist für ihre Promotion an der Hochschule Osnabrück nach Deutschland gekommen
20.10.2024

Untersuchungen über die Schweißbarkeit von additiv gefertigtem und gegossenem Stahl

Julianna Posey untersucht Schweißverbindungen aus gegossenem und additiv gefertigtem Stahl. Im Fokus stehen die Ermüdungserscheinungen des gedruckten Stahls nach dem Schw...

3D-Druck Additive Fertigung Luftfahrt Medizintechnik Schweißbarkeit Stähle
Mehr erfahren