Verbindungstechnologien in der Fahrgastzelle
Beim Stichwort „Fügen im Automobilbau“ hat man Mechaniker bzw. Schweißer mit dunkler Schweißermaske vor Augen, grelles Licht und sprühende Funken. Um Bauteile miteinander zu verbinden, sind aber natürlich auch Schraub-, Klebe- oder Nietverbindungen erforderlich. Für Verbindungen im Fahrzeuginneren gilt das in besonderem Maß. Im Hinblick auf die Materialien und Fügeverfahren der Fahrgastzelle stehen in naher Zukunft große Veränderungen an. Marius Hertzsch, Experte für Automotive Interior, organisiert Workshops zu diesem Thema.
Entwicklungen wie Car Sharing führen dazu, dass Fahrzeuge fast rund um die Uhr auf der Straße sind. Anders als das klassische Familienauto werden diese von täglich wechselnden Personen gelenkt. Die gemeinsame Nutzung und der Wandel zu alternativen Antrieben machen den Verkehr nachhaltiger. Wenn sich das Nutzungskonzept ändert, müssen sich allerdings auch die Ausstattung und die Oberflächen im Automobil der Zukunft ändern.
Aluminium, Hanf und Pilz-Mycel verbinden
„Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Bus“, so Dr.-Ing. Jochen Brand, Abteilungsleiter für Tribologie und Sensorik am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) in Braunschweig: „Es ist Ihnen dann wichtig, dass die Sitze, Türgriffe und Haltestangen hygienisch sind.“ Fahrzeuge aus einem Car Sharing-Pool werden ähnlich intensiv genutzt, wie ein Bus im Nahverkehr. Experten für die Fahrzeug-Innengestaltung sind deshalb auf der Suche nach Materialien und Oberflächen, die gut sauber zu halten und gleichzeitig nachhaltig sind. „Biobasierte Kunststoffe kommen eher in Frage für eine Türinnenverkleidung als Leder, Baumwolle oder Holz“, erklärt Brand und fährt fort: „Pilz-Mycel und Hanf können genutzt werden, um nachhaltige, biobasierte Bauteile zu produzieren. Entsprechende Beschichtungen können die Lebensdauer erhöhen und gleichzeitig dekorativ sowie schmutzabweisend sein.“ Zulieferer der Automobilindustrie stellen sich darauf ein, dass sie zunehmend pflegeleichte biobasierte Kunststoffmaterialien verarbeiten.
Integrierte Sensoren und Steuerelemente
„Glaubt man den Megatrends wie dem Autonomen Fahren, dann werden die Insassen während der Fahrt an Video-Konferenzen teilnehmen oder Dokumentationen ansehen,“ so Marius Hertzsch. Der Experte für Automotive Interior arbeitet für den Transformations-Hub InSuM und verfolgt diese Entwicklungen. Er ist sicher: „Das (auto)mobile Interieur der Zukunft erfordert neue Funktionen und Materialien.“ Dr.-Ing. Jochen Brand vom Fraunhofer IST in Braunschweig ergänzt: „Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, Sensorfunktionen in die Werkstoffe zu integrieren oder auf die Oberflächen aufzubringen. Kommunikation über Oberflächen ist hier das Thema. Wer lange Zeit sitzend im Auto verbringt, der möchte einen Sitz, der sich schnell und passgenau auf ihn einstellen lässt. Integrierte Touchpanel und Schalter spielen deshalb eine große Rolle.“
Verbindungstechnologien der Zukunft
Als Ansprechpartner des Transformations-Hubs InSuM hilft Marius Hertzsch bei der Suche nach geeigneten Fertigungstechnologien für neuartige Materialien im Fahrzeug-Innenraum: Am 29. Februar 2024 lädt „InSuM“ zu einem Workshop nach Wolfsburg in die Open Hybrid LabFactory e.V. ein. Inhaltlich geht es hier um „Nachhaltige Multimaterialbauweise im Interieur“. Während des Workshops wird es Impulse und Arbeitskreise zu Re-X Ansätzen, Design for Recycling und Rohstoffrückgewinnung geben. Am 21. März 2024 lädt „InSuM“ zu einem Online-Event ein. Inhaltlich geht es um „Verbindungstechnologien im Interieur der Zukunft“. Während des Workshops werden Impulse zu Forschung, Anforderungen und innovativen Lösungen des Fügens im (auto)mobilen Interieur diskutiert.
Wie sich dagegen neue Werkstoff-Kombinationen der Karosserie verbinden lassen, dazu bietet Dr.-Ing. Martin Werz Veranstaltungen des Transformations-Hubs CyberJoin an: „In Wissenstransfer-Tagen und Workshops geben wir unsere Erfahrung mit innovativen Füge-, Werkstoff- und Fertigungstechniken weiter.“ Am 14. März 2024 lädt „CyberJoin“ ein zum Workshop „Elektrischer Antriebsstrang“ an der MPA Uni Stuttgart. Am 10./11. Juli 2024 lädt „CyberJoin“ zu Wissenstransfer-Tagen „Mechanische Fügeverfahren“ an die MPA Universität Stuttgart ein. Während der Wissenstransfer-Tage werden Fügetechniken wie Fließlochschrauben, Clinchen, Nieten, Verpressen, Bördeln und Kleben hinsichtlich Prozessqualifizierung, fügbarer Werkstoffe sowie Qualitätssicherung betrachtet. Fortschritte hinsichtlich Mischverbindungen, höherfesterer Werkstoffe, spröder Gusslegierungen sowie Kosten- und Gewichtsziele stehen im Fokus. Anlagenentwicklungen, beispielsweise hinsichtlich flexibler Elementzuführung, verbesserter Zugänglichkeit und der damit erweiterten Anwendungsmöglichkeiten, runden die Agenda ab.
Dr.-Ing. Martin Werz, Leiter der Abteilung Fügetechnik und qdditive Fertigung der Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart, koordiniert zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Heidi Cramer von der GSI – Gesellschaft für Schweißtechnik International den Transformations-Hub CyberJoin.
„CyberJoin“ – der Transformations-Hub für Füge-, Werkstoff- und Fertigungstechnik in der E-Mobilität – Daten und Fakten
Dr.-Ing. Martin Werz von der MPA koordiniert zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Heidi Cramer von der GSI – Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH die Arbeit des Transformations-Hubs „CyberJoin“ (www.cyberjoin.de). Dessen Ziel ist es, Füge-, Werkstoff- und Fertigungstechnologien in der Automobil- und Zuliefererindustrie voranzubringen, die in der Elektromobilität eingesetzt werden.
- Termine und Anmeldung: Die Termine und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter www.cyberjoin.de.
- Kosten: Alle Angebote des Hubs werden vom BMWK gefördert, sodass dem Teilnehmer keine Kosten entstehen.
- Fachlicher Kontakt:
Dr.-Ing. Martin Werz, Universität Stuttgart, Materialprüfungsanstalt (MPA)
Tel. 0711/685-625
E-Mail: martin.werz@mpa.uni-stuttgart.de
Prof. Dr.-Ing. Heidi Cramer, GSI – Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH
Tel. 089/12680-214
E-Mail: Cramer@gsi-slv.de.
Für den Transformations-Hub CyberJoin haben sich die Projektpartner MPA Universität Stuttgart und GSI Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH zusammengeschlossen.
„InSuM“ – Interior-Hub for Sustainable Mobility – Daten und Fakten
- Termine: Alle Termine sind zu finden unter https://www.insum-hub.de
- Anmelden: Unter InSuM – Academy (insum-hub.de) kann man sich direkt anmelden.
- Kosten: Alle Angebote des Hubs werden vom BMWK gefördert, sodass keine Kosten entstehen.
- Fachlicher Kontakt:
Marius Hertzsch, Expert Automotive Interior, Automotive Thüringen
Tel. +49 (0) 152 04 19 10 83
E-Mail: mhertzsch@automotive-thueringen.de.
Für den Transformations-Hub InSuM haben sich die Projektpartner Chemnitz Automotive Institut (CATI) des An-Instituts der TUCed (TU Chemnitz) und die drei Netzwerke automotive thüringen, Bayern Innovativ sowie AMZ Sachsen zusammengeschlossen.
(Quelle: Bettina Mayer, Öffentlichkeitsarbeit Transformations-Hub „CyberJoin“, Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart, bettina.mayer@mpa.uni-stuttgart.de)
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