Forschung
Mit dem entwickelten Fügeverfahren, bei dem ein Thulium- Faserlaser zum Einsatz kommt, lassen sich z. B. Mikrofluidikbauteile hochpräzise Schweißen. - © Fraunhofer ILT, Aachen
31.07.2020

Absorber ade: Hochpräzises Laserschweißen von Kunststoffen

Absorber ade: Hochpräzises Laserschweißen von Kunststoffen

Im erfolgreich abgeschlossenen NRW-Leitmarktprojekt SeQuLas hat das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT gemeinsam mit drei Industriepartnern ein Fügeverfahren entwickelt, mit dem kleinste Schweißnähte in transparenten Kunststoffbauteilen erzeugt werden können. Zum Einsatz kommt dabei ein Thulium-Faserlaser, der einen besonderen Vorteil bietet: Da Kunststoffe die entsprechende Wellenlänge gut absorbieren, kommt der Prozess ohne zusätzlich Absorber wie Ruß aus. Insbesondere für die Medizintechnik ist das Verfahren interessant, das die Flexibilität und Effizienz in der industriellen Produktion in Nordrhein-Westfalen steigern kann.

Im Life-Science-Bereich haben sich mikrofluidische Chips beim Transport, der Mischung und Filterung von kleinsten Flüssigkeitsmengen bewährt. Eine große Herausforderung ist die mediendichte Verkapselung der in den Chips integrierten Mikrokanäle: Konventionelle Fügetechnik kommt im Mikrometerbereich an ihre Grenzen. Stattdessen bietet sich hier das absorberfreie Laserdurchstrahlschweißen (LDS) mit Strahlquellen im nahen Infrarot (NIR)-Bereich an, das eine hohe Präzision und Flexibilität erlaubt.

Im Forschungsprojekt SeQuLas entstand ein elektronisch überwachter Prozess zum schonenden, hochpräzisen Laserdurchstrahlschweißen von kleinen Kunststoffbauteilen für die Medizintechnik (im Bild: Mikrofluidischer Chip der Fa. Bartels Mikrotechnik). - © Fraunhofer ILT, Aachen
Im Forschungsprojekt SeQuLas entstand ein elektronisch überwachter Prozess zum schonenden, hochpräzisen Laserdurchstrahlschweißen von kleinen Kunststoffbauteilen für die Medizintechnik (im Bild: Mikrofluidischer Chip der Fa. Bartels Mikrotechnik). © Fraunhofer ILT, Aachen
Transparente Bauteile dank Verzicht auf Absorber

Im Jahr 2017 startete das Fraunhofer ILT daher mit der Aachener Amtron GmbH, der Attendorner Ortmann Digitaltechnik GmbH und der Dortmunder Bartels Mikrotechnik GmbH das Projekt SeQuLas, das im Rahmen des Programms „Produktion.NRW“ der LeitmarktAgentur NRW gefördert wurde. Das Akronym steht für die „segmentale Quasisimultan-Laserbestrahlung“, bei der in diesem Fall als Strahlquelle ein Thulium- Faserlaser mit einer Emissionswellenlänge von 1940 nm verwendet wurde. In diesem Wellenlängenbereich besitzen Kunststoffe eine natürliche Absorption. Da zusätzliches Absorbermaterial wie Ruß nicht nötig ist,  wird die Transparenz des Chips bei der Laserbearbeitung nicht beeinträchtigt.

Doch diese Form des absorberfreien Laserdurchstrahlschweißens weist ein Problem auf: Durch die Volumenabsorption entsteht eine Wärmeeinflusszone (WEZ), die sich vertikal über den gesamten Bauteilquerschnitt erstreckt. Die thermische Expansion während des Aufschmelzvorgangs begünstigt die Bildung von Lunkern und Rissen, die im Nahtgefüge für undichte Stellen sorgen. Außerdem besteht insbesondere bei flachen Bauteilen die Gefahr, dass sich der Werkstoff verzieht.

 

Mit dem entwickelten Fügeverfahren, bei dem ein Thulium- Faserlaser zum Einsatz kommt, lassen sich z. B. Mikrofluidikbauteile hochpräzise Schweißen. - © Fraunhofer ILT, Aachen
Mit dem entwickelten Fügeverfahren, bei dem ein Thulium- Faserlaser zum Einsatz kommt, lassen sich z. B. Mikrofluidikbauteile hochpräzise Schweißen. © Fraunhofer ILT, Aachen
Quasisimultane Bestrahlung für materialschonende Erwärmung

Um die vertikale Ausdehnung der Wärmeeinflusszone zu verringern, bietet sich die quasisimultane Bestrahlung an, bei der ein Laserstrahl mit Hilfe eines Scannersystems mit hoher Geschwindigkeit mehrmals entlang der Schweißkontur geführt wird: Dabei wird die gesamte Nahtkontur simultan erwärmt, die das Konturschweißen sonst nur sequentiell aufschmilzt. Das Fraunhofer ILT wies anhand von Versuchen mit Bauteilen aus Polycarbonat nach, dass während des Schweißprozesses die Wärme an den Außenflächen abgeführt wird, während im Materialinneren eine Wärmeakkumulation stattfindet. Die steigende Anzahl an Überfahrten und die hohe Scangeschwindigkeit verringern sogar die vertikale Ausdehnung der Wärmeeinflusszone um bis zu 30 Prozent gegenüber dem Konturschweißen.

Frühzeitige Erfassung von thermischen Schäden

Im zweiten Schritt entwickelten die Projektpartner eine Prozessregelung für den Laserschweißprozess. Ein in den Strahlengang integriertes Pyrometer misst dabei während des Schweißprozesses die Temperatur im Bauteil. Die Kopplung des Messsignals mit der Position der Scannerspiegel ermöglicht eine ortsaufgelöste Aufnahme der Wärmeverteilung im Bauteil. Auf diese Weise lassen sich thermische Schäden schon während des Schweißprozesses erfassen und zielgenau lokalisieren. Der neu entwickelte Schweißprozess kann daher schnell auf Temperaturabweichungen reagieren und die Laserleistung entsprechend regeln. Somit lassen sich homogene Nahteigenschaften entlang der Nahtkontur sicherstellen.

Das im Februar 2020 abgeschlossene Projekt „SeQuLas – Laserschweißen absorberfreier Thermoplaste durch segmentale Quasisimultanbestrahlung“ mit Laufzeit von drei Jahren wurde mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

(Quelle: Presseinformation des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT)

Schlagworte

Fügen von KunststoffenKunsstoffschweißenLaserschweißenMedizintechnik

Verwandte Artikel

Die gesamte Geschäftsführung (auf dem Bild von links nach rechts: Oliver Brandmayer, Frank Brunnecker, Holger Aldebert und Marie Schafnitzl).
11.12.2024

Erweiterung der Geschäftsführung bei EVOSYS

Mit der Erweiterung der Geschäftsführung durch Marie Schafnitzl und Oliver Brandmayer verstärkt Evosys seine Entscheidungsebene mit zwei erfahrenen Führungspersönlichkeit...

Kunststoffe Laserschweißen Laserstrahlschweißen Schweißtechnik
Mehr erfahren
Leah Dockter, Technische Vertriebsleiterin von Wegener Welding, und Detlef Hellwig, Fachausbilder des SKZ.
15.11.2024

SKZ ehrt Wegener Welding America als „Premiumpartner Bildung“ 2024

Wegener Welding aus Amerika ist „Premiumpartner Bildung“ des SKZ. Seit 2000 bringen sie gemeinsam durch die Ausbildung von Kunststoffschweißern deutsche Standards in die...

Fügen von Kunststoffen Kunststoffplatten Kunststoffrohre Kunststoffschweißen Schweißtechnik
Mehr erfahren
Mit dem MSG 40 A gelingt das Schweißen von Polypropylenrohren (PP) noch einfacher und schneller.
06.11.2024

Kunststoffschweißen leicht gemacht

Von aquatherm gibt es ein neues akkubetriebenes Schweißwerkzeug für das einfache Schweißen von Polypropylenrohren. Das MSG 40 A eignet sich sowohl für den Einsatz auf der...

Fügen von Kunststoffen Kunststoffschweißen Polypropylenrohren Schweißen Schweißtechnik
Mehr erfahren
Julianna Posey beim Vorbereiten der Stahlproben für ihre Untersuchung. Die US-Amerikanerin ist für ihre Promotion an der Hochschule Osnabrück nach Deutschland gekommen
20.10.2024

Untersuchungen über die Schweißbarkeit von additiv gefertigtem und gegossenem Stahl

Julianna Posey untersucht Schweißverbindungen aus gegossenem und additiv gefertigtem Stahl. Im Fokus stehen die Ermüdungserscheinungen des gedruckten Stahls nach dem Schw...

3D-Druck Additive Fertigung Luftfahrt Medizintechnik Schweißbarkeit Stähle
Mehr erfahren
Besucher finden den Gemeinschaftsstand auf der IZB in Halle 6, Stand Nr. 6220.
12.10.2024

„German Metal Tech“: starker Auftritt auf der IZB

Unter dem Namen „German Metal Tech“ präsentieren 30 Mitgliedsunternehmen aus vier Industrieverbänden auf der Internationalen Zuliefererbörse (IZB) die Zukunft der Metallv...

Automobilindustrie Blechumformung Flugzeugtechnik Luftfahrt Massivumformung Medizintechnik Metallverarbeitung Metallwaren Schiffsbau Schiffstechnik Schraubtechnik Schraubverbindungen Verbände
Mehr erfahren