Der Schuldner verstirbt – die Forderung nicht!
Über fünf Ecken erfährt Unternehmer X, dass ein Kunde von ihm verstorben ist, der ihm noch einiges an Geld schuldet. X ist völlig ratlos und hat nicht den blassesten Schimmer, wie er an sein Geld kommen soll oder ob überhaupt eine Möglichkeit besteht, seine offene Forderung noch beglichen zu bekommen. Er hat wohl mal gehört, dass auch Schulden vererbt werden können, aber vom Erbrecht hat X nun so gar keine Ahnung. „Das Erbrecht ist zwar sehr umfangreich und allgemein zugänglich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH, „das heißt aber nicht, dass es auch einen direkten Leitfaden enthält, wie in einem solchen Fall, wie er auf X zutrifft, zu verfahren ist. Es kommt nicht selten vor, dass Gläubiger mit ähnlichen Fragen, wie auch Unternehmer X sie hat, auf uns zukommen.“ Drumann erläutert daher nachfolgend, worauf zu achten ist und erklärt mögliche Vorgehensweisen.
Diese Dinge sollten Sie in einem solchen Fall unbedingt prüfen
Extern: Handelt es sich bei dem Verstorbenen wirklich um den Schuldner?
„Mit dem Hörensagen ist es ja so eine Sache und mit den durch die unterschiedlichsten Medien verbreiteten ‚Fakten‘ nicht minder. Um also wirkliche Gewissheit darüber zu erlangen, ob der Verstorbene in der Tat der besagte Schuldner ist, sollte eine entsprechende Auskunft beim Einwohnermeldeamt beantragt werden. Auch beim zuständigen Standesamt (letzter Wohnsitz des Schuldners) kann eine solche Anfrage gestellt werden. Ist unter Umständen sogar der Geburtsort des Schuldners bekannt, so kann die Anfrage auch an das Standesamt gerichtet werden, bei dem die Geburt des Schuldners registriert wurde, denn dieses Amt wird dann auch im Fall des Ablebens entsprechend benachrichtigt, § 60 PStV (Personenstandsverordnung).“
Intern: War die Forderung bereits fällig? War der Schuldner gegebenenfalls schon in Verzug?
„Hat es sich bestätigt, dass es sich bei dem Verstorbenen um den Schuldner handelt, ist zu prüfen, ob die Forderung bereits fällig ist. Liegt die Fälligkeit vor, kann man gegebenenfalls eventuelle Erben zur Zahlung mahnen, um so den Verzug herbeizuführen. Allerdings ist eine Mahnung vor Fälligkeit unwirksam. Das Vorliegen eines Zahlungsverzuges ist Voraussetzung dafür, dass ein Erbe gegebenenfalls auch für den Verzugsschaden wie z. B. Rechtsanwalts- oder Inkassokosten, Verzugszinsen, Mahngebühren etc. aufzukommen hat. War der Schuldner bereits in Verzug, so kann auch hier gemahnt werden, um die Erben überhaupt mit der offenen Forderung ‚vertraut‘ zu machen, es ist aber kein Muss.“
Intern: Gab es bereits eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners vor seinem Tod?
„Es kommt nicht selten vor, dass Gläubiger zu Lebzeiten des Schuldners bereits mit der Zwangsvollstreckung wegen der Forderung begonnen haben. Ist dies der Fall, so kann die Zwangsvollstreckung in den Nachlass fortgesetzt werden, ohne dass der Titel auf Erben umgeschrieben werden müsste – hier gibt es bestimmte Ausnahmen. Wurde ‚rechtzeitig‘ lediglich mit einer Vollstreckungsmaßnahme begonnen, so kann der Gläubiger auch nach dem Tod des Schuldners aber noch weitere Maßnahmen beantragen.
Darin liegt sogar eine besondere Chance des Gläubigers: Regelungen zum Pfändungsschutz gelten jetzt grundsätzlich nicht mehr – und einen Schuldner, der absolut nichts hat, gibt es höchst selten. Liegt zwar ein Vollstreckungstitel gegen den Verstorbenen vor, hatte die Zwangsvollstreckung aber noch nicht begonnen, so kann gleichwohl noch in den Nachlass vollstreckt werden – eine Umschreibung des Titels auf den oder die Erben ist hier allerdings erforderlich; bis zur Annahme der Erbschaft jedoch, kann sie nur auf die von einem Nachlasspfleger vertretenen unbekannten Erben erfolgen.“
Extern: Gibt es überhaupt Erben?
„Kann nicht sofort in den Nachlass vollstreckt werden, so muss mit der Ermittlung etwaiger Erben begonnen werden. Ein Erbe tritt die Rechtsnachfolge des verstorbenen Schuldners, also des Erblassers an. Beim zuständigen Standesamt sollte eine Kopie der Sterbeurkunde angefordert werden. Liegt diese vor, kann damit beim Nachlassgericht – das kst die Abteilung im zuständigen Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen letzten Wohnsitz hatte – in Erfahrung gebracht werden, ob Nachlassvorgänge vorhanden sind. Gegebenenfalls wurde auch ein Nachlasspfleger eingesetzt. Auch diese Information erhält man auf diesem Wege.
Einen Erben zu ermitteln, kann unter Umständen jedoch langwierig und kompliziert sein, versuchen sollte man es dennoch. Ist ein Erbe ermittelt, kann der Gläubiger versuchen, von ihm die Erfüllung seiner Forderung zu erhalten, denn der Erbe haftet sowohl mit dem Nachlass als auch mit dem eigenen Vermögen für die Schulden des Verstorbenen (bei Erbengemeinschaften jeder einzelne Erbe aber unter Umständen nur zum Teil). Dies geht jedoch nur, wenn die Erbschaft von ihm auch angenommen wurde.“
Wichtig: Wurde die Erbschaft angenommen?
„Die Freude über die Ermittlung eines Erben kann schnell wieder getrübt werden, wenn festgestellt werden muss, dass dieser das Erbe nicht angenommen hat. Generell hat tatsächlich jeder Erbe das Recht, eine Erbschaft auch auszuschlagen. Die Annahme einer Erbschaft bedarf keiner bestimmten Form, die Ausschlagung hingegen muss fristgemäß und in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Dem fristgerechten Zugang der Ausschlagung beim Nachlassgericht in korrekter Form kommt große Bedeutung zu. Ist die Erbausschlagungsfrist – normalerweise sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft – verstrichen, gilt die Erbschaft als angenommen. Für die Frage, ob ein Erbe gegebenenfalls auch mit dem eigenen Vermögen zu haften hat und der Anspruch deshalb gegen ihn auch gerichtlich geltend gemacht werden kann, spielt also die Annahme oder die Ausschlagung des Erbes die zentrale Rolle.“
Erben gefunden. Erbschaft ausgeschlagen. Nachlass trotzdem futsch. Was tun?
„Wer als Erbe die Überschuldung des Nachlasses fürchtet, schlägt nicht selten das Erbe aus. Sein gutes Recht. Dennoch ist ja aber bei den allermeisten Schuldnern zum Beispiel noch ein Auto vorhanden, eine Büroausstattung, Werkzeug oder Ähnliches. Leider sind dies Vermögens-/Wertgegenstände, die nicht selten dann bei Angehörigen wieder ‚auftauchen‘. Es kann sich lohnen, hier genauer hinzuschauen oder gegebenenfalls hinschauen zu lassen, um sich den Zugriff auf diese Werte zu sichern. Auch eine Dokumentation des eigenen Kenntnis-/Beobachtungsstandes bezüglich möglicher vorhandener Vermögensgegenstände des Schuldners (beispielsweise kam Schuldner Z immer mit dem und dem Auto auf den Hof gefahren; bei Z stand immer dieser Gabelstapler; Z war stolz auf seine neue Computeranlage im Büro etc.), könnte dafür als Ansatzpunkt dienen.“
Ein Nachlass und kein Erbe. Was dann geschieht
„Ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass es zwar Erben gibt, diese aber unbekannt oder unauffindbar sind, so kann vom Gericht ein Nachlasspfleger für die ‚unbekannten‘ Erben bestellt werden. Gegen diesen kann der Gläubiger dann seine Forderung verfolgen, wenn der Nachlass es hergibt. Aber auch, wenn von Anfang an keine Erben vorhanden waren oder alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, bedeutet das für die offene Forderung noch nicht das endgültige Aus. In so einem Fall erbt der Fiskus, also die Staatskasse. Für Gläubiger ist dies dann von Interesse, wenn Vermögenswerte vorhanden sind oder deren Vorhandensein vermutet wird. Die zuständige Behörde muss dann ermitteln, ob es tatsächlich Vermögenswerte gibt, die noch zu Geld gemacht werden können. Der Forderungseinzug kann also u. U. auch gegen den Fiskus als Erben fortgesetzt werden.“
Unterstützung hat wohl noch keinem geschadet, ihr Fehlen aber schon
„Einen Nachlass regeln zu müssen, ist schon per se keine Kleinigkeit. Hinzu kommt, dass der Tod nur selten vorhersehbar ist, und dann plötzlich ad hoc jede Menge zu ordnen ist, worauf nur die Wenigsten vorbereitet reagieren. Einen Nachlass regelt man eben nicht alle Tage. Und auch die Realisierung von offenen Forderungen gegenüber einem Verstorbenen bzw. dessen Erben gehört ganz sicher nicht zum alltäglichen Geschäft einer Unternehmensbuchhaltung.
Mein Rat wäre, sich in so einem Fall, in dem eine offene Forderung gegenüber einem verstorbenen Schuldner zu realisieren ist, unbedingt an einen Rechtsanwalt oder an ein zugelassenes Inkassounternehmen zu wenden. Der Rechtsdienstleister ist nicht nur in der Lage, den Forderungssachverhalt gegenüber den Hinterbliebenen/Erben in einer der Situation angemessene Art darzustellen und in respektvoller, dennoch professioneller Art zu verfolgen, er kennt sich darüber hinaus auch mit der besonders komplizierten Gesetzeslage in Bezug auf das Erbrecht aus. Bevor man also beim Tod eines Schuldners wie ein kopfloses Huhn hin und her wirbelt oder die Forderung gleich ‚für tot erklärt‘, sollte man sich lieber professionelle Unterstützung holen. Denn, und das sollte man auch bedenken, war der Schuldner bereits mit der Forderung in Verzug, so sind auch die Kosten für einen Rechtsdienstleister in der Regel als Verzugsschaden von etwaigen Erben zu erstatten.“
(Quelle: Presseinformation der BREMER INKASSO GmbH)