Forschung
Das Projekt REASSERT verfolgt das Ziel, den Prototyp eines Elektromotors für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. - © Schaeffler
04.01.2024

Elektromobilität: Zweites Leben für Elektromotoren

Elektromobilität: Zweites Leben für Elektromotoren

Immer mehr Elektroautos werden verkauft, dementsprechend steigt die Anzahl der produzierten Elektromotoren. Diese werden am Ende ihrer Nutzungsdauer geschreddert und anschließend recycelt. Einzelne Komponenten und Baugruppen können nicht mehr wiederverwendet werden. Nachhaltige Werterhaltungsstrategien, um Elektromotoren im Sinne einer modernen Kreislaufwirtschaft aufzuarbeiten und wiederzuverwerten, fehlen bislang. Im Projekt REASSERT verfolgen Forschende am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gemeinsam mit Industriepartnern verschiedene Ansätze, die die Reparatur, Aufarbeitung und erneute Verwendung des Elektromotors ebenso umfassen wie neue Designs für die Kreislaufwirtschaft.

Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs schreitet kontinuierlich voran. Die verbauten Elektromotoren enthalten wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, aber auch Seltene Erden-Metalle wie Neodym, auf die China ein Quasi-Monopol hat, und die sich mit aktuellen Recyclingmethoden nicht zurückgewinnen lassen. Hinzu kommt, dass im Vergleich zum Verbrennerantrieb die eingesetzten Rohstoffe mit einer schlechten CO2-Bilanz verbunden sind. Umso wichtiger ist die Verlängerung der Nutzungsphase der Motoren. „Innovative Werterhaltungsstrategien bieten im Sinne der Nachhaltigkeit ein großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen“, sagt Julian Große Erdmann, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Bayreuth. Im Projekt REASSERT entwickeln die Forschenden gemeinsam mit der Schaeffler (Konsortialführer), dem Karlsruher Institut für Technologie KIT, der BRIGHT Testing GmbH, der iFAKT GmbH und der Riebesam GmbH & Co. KG innovative Methoden, um Elektromotoren aufzuarbeiten und in Fahrzeugen wiederverwenden zu können. Dabei setzen sie auf die Werterhaltungsstrategien Reuse, Repair, Remanufacturing und werkstoffliches Recycling. Diese sind Schlüsselelemente für eine Kreislaufwirtschaft, die es ermöglicht, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu reduzieren und die Abfallmenge zu minimieren. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

Reduktion von Umweltauswirkungen

Derzeit stellt das rohstoffliche Recycling die etablierte Werterhaltungsstrategie dar. Durch manuelles oder automatisiertes Recycling werden insbesondere Kupfer- und Aluminiumanteile zurückgewonnen. Dafür werden die elektrischen Traktionsmotoren ausgebaut, geschreddert, in die einzelnen Materialfraktionen sortiert und eingeschmolzen. Das so recycelte und mit Verschmutzungen behaftete Material kann jedoch nicht mehr für den Einsatz in Motoren genutzt werden, zudem werden einzelne Komponenten und Baugruppen zerstört. Daher sollte Rohstoff-Recycling nur als letzte Möglichkeit des Recyclings gewählt und durch die hochwertigen Werterhaltungsstrategien Reuse, Repair, Remanufacturing und werkstoffliches Recycling ersetzt werden. „Wir wollen ein Closed-Loop-System gestalten, in dem wertvolle Ressourcen wiederverwendet werden, um unabhängiger von Rohstoffimporten zu werden und die Rohstoffgewinnung zu minimieren“, erklärt Große Erdmann.

Das Projekt REASSERT verfolgt das Ziel, den Prototyp eines Elektromotors für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. - © Schaeffler
Das Projekt REASSERT verfolgt das Ziel, den Prototyp eines Elektromotors für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. © Schaeffler

Unter Reuse verstehen die Projektpartner die Wiederverwendung des kompletten Motors in der Zweitnutzung, unter Repair den Austausch von defekten Komponenten und Baugruppen. Beim Remanufacturing werden alle Bauteile ausgebaut, gereinigt, aufgearbeitet und erneut eingesetzt. „Mit diesen Strategien benötigt man weniger Rohstoffe wie Seltene Erden, Kupfer und Co. Allenfalls benötigt man diese noch für Ersatzteile“, erläutert der Forscher. Mit dem werkstofflichen Recycling planen die Projektpartner das sortenreine Demontieren des Motors vor dem Schreddern. Welche Werterhaltungsstrategien jeweils angewendet werden sollen, analysieren die Projektpartner anhand von Referenzmotoren für den Pkw-Bereich.

Aufbau einer Prozesskette von der Eingangs- bis zur End-of-Line-Prüfung

Im Rahmen des Projekts entsteht eine komplette Prozesskette, wobei jede Station einen eigenen Demonstrator bzw. Versuchsstand erhält – von der Eingangsprüfung für die Klassifikation des Motors über die Demontage, Entmagnetisierung, Reinigung, Befundung der Komponenten, Aufarbeitung bis hin zur Remontage und End-of-Line-Prüfung, wo die Funktionsfähigkeit des Motors untersucht wird. „Beispielsweise würde man während dieses Prozesses ein Motorgehäuse mit geringfügigen Verschleißspuren für den erneuten Gebrauch einstufen und gegebenenfalls mit zerspanenden Prozessen aufarbeiten, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Abhängig von der gewählten Werterhaltungsstrategie fallen unterschiedliche Prozessschritte und Prozessketten an, der Aufarbeitungsaufwand kann also variieren“, erklärt der Ingenieur. Eine Herausforderung ist beispielsweise die Demontage und Wiederverwendung der in den Motoren verbauten Magnetwerkstoffe. „Ein Rotor mit Permanentmagneten lässt sich aufgrund der Beschichtung der Magnete als auch deren Verklebung selbst im manuellen Demontageprozess nur schwer mittels mechanischer Verfahren in seine Bestandteile zerlegen. Hier gilt es, zerstörungsarme Demontageverfahren zu etablieren.“

KI-Entscheidungstool unterstützt bei der Wahl der Werterhaltungsstrategie

Bei der Wahl der jeweils besten Werterhaltungsstrategie hilft zudem ein im Projekt entwickeltes KI-Entscheidungstool, das Zugriff auf die Produkt- und Prozessdaten eines E-Motors hat, die in einem digitalen Zwilling gespeichert sind.

Das im Projekt gesammelte Wissen soll für das Design neuer elektrischer Motoren genutzt werden. Ziel ist es, den Prototyp eines Motors für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, der leicht demontiert werden kann und auf den sich die vier genannten Werterhaltungsstrategien problemlos anwenden lassen.

(Quelle: Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft)

Schlagworte

E-MobilitätElektromotorenKreislaufwirtschaftRecycling

Verwandte Artikel

Der neue Produktionsprozess mit der EHLA3D-Technologie ermöglicht es, komplexe Geometrien effizient zu produzieren, mit hochfesten Materialien zu beschichten oder zu reparieren.
02.07.2024

Eine neue Dimension der Additiven Fertigung

Vom Laserauftragschweißen zur Additiven Fertigung: Ein Forschungsprojekt hat das Potenzial, die Materialverarbeitung mit EHLA3D zu revolutionieren.

Additive Fertigung EHLA EHLA3D Extremes Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen Fertigungstechnik Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen Kreislaufwirtschaft Laserauftragschweißen Lasertechnologien Luftfahrt Raumfahrt Schweißtechnik Werkzeugbau
Mehr erfahren
26.06.2024

TRUMPF Develops Laser Processes for E-Car Battery Recycling

Carmakers and battery manufacturers can now recycle used or defective batteries from electric cars on an industrial scale using laser technology from TRUMPF.

Battery Technology Laser Technology Recycling
Read more
Das Aufschneiden gebrauchter oder fehlerhafter Batterien mit Hilfe von Lasertechnik ermöglicht die Skalierung des Batterie-Recycings.
24.06.2024

Batterierecycling im industriellen Maßstab

Autobauer und Batteriehersteller können jetzt gebrauchte oder fehlerhafte Batterien von E-Autos im industriellen Maßstab recyceln. TRUMPF entwickelt Lasersysteme, die Bat...

Batterierecycling Battterieproduktion E-Mobilität Kreislaufwirtschaft Laserschneiden Laserschweißen Laserstrahlschneiden Laserstrahlschweißen Lasertechnik Lasertechnologien
Mehr erfahren
Roboterbasierte FSW-Technologie ist besonders für 3D-Schweißen geeignet.
18.06.2024

Modernste KUKA Schweißtechnologien für E-Mobilität

KUKA unterstützt seine Kunden beim Wandel hin zu einer nachhaltigeren Mobilität: Für einen Automotive-Kunden liefert KUKA 23 Rührreibschweiß-Zellen mit integrierten Robot...

Automation Automotive E-Mobilität Elektroindustrie Friction Stir Welding Luftfahrttechnik Robotik Rührreibschweißen Schweißtechnik
Mehr erfahren
14.06.2024

Steigende Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen und Trend zu Metallverpackungen

Im vierten Jahr infolge hat der Metallverpackungsspezialist Eviosys eine europaweite Umfrage in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse, zeigen einen bedeutenden Wandel in der Ei...

Kreislaufwirtschaft Metallverpackungen Nachhaltigkeit Umweltschutz Verpackungen
Mehr erfahren