Planungshilfe für sichere Mensch-Roboter-Kollaboration
Im Forschungsprojekt „Digitale Gefahrenprävention für kollaborative Roboterarbeitsplätze mithilfe einer webbasierten Planungshilfe“ (kurz: Cobot-Planer) hat das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) im Auftrag der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) eine webbasierte Planungshilfe entwickelt, die Anwenderinnen und Anwender für einen verbesserten Arbeitsschutz bei der sicheren und effizienten Auslegung ihrer kollaborativen Roboter unterstützt.
„Der Cobot-Planer zeigt dem Roboter-Programmierer beziehungsweise der -Programmiererin auf, bei welchen Geschwindigkeiten ein sicherer Betrieb einer Mensch-Roboter-Kollaboration möglich ist“, fasst Projektleiter Dr. Roland Behrens vom Fraunhofer IFF die Aufgabe der neuen Planungshilfe zusammen.
Für kollaborative Roboter – also Roboter, die ohne zusätzliche Schutzeinrichtungen Hand in Hand mit Menschen zusammenarbeiten – war es bislang nur mithilfe einer messtechnischen Risikobewertung möglich, die Geschwindigkeiten zu bestimmen, die maximal erreicht werden dürfen. Hierbei wird mit einem Kraft- und Druckmessgerät geprüft, ob der Roboter bei einer Kollision mit dem Menschen die biomechanischen Grenzwerte aus ISO/TS 15066 einhält. Für die Messung muss das Robotersystem allerdings vollständig aufgebaut und programmiert worden sein. Überschreitet der Roboter die Grenzwerte, ist es notwendig, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Ein solcher Schritt ist in der Regel unerwünscht, da er die Taktzeit des Robotersystems erhöht und dessen Wirtschaftlichkeit reduziert.
„Wenn diese sicherheitsrelevante Anpassung des Robotersystems womöglich nicht durchgeführt wird, ist das ein ernstzunehmendes Risiko für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten“, sagt Dr. Matthias Umbreit von der BGHM, der das Forschungsprojekt zum Cobot-Planer initiierte. Der Cobot-Planer kann einzelne biomechanische Messungen noch nicht vollständig ersetzen. Jedoch soll er dabei unterstützen, Mensch-Roboter-Kollaborationen (MRK) sicher und gesund zu gestalten – und das schon in der Planungsphase.
„Für die Mitgliedsunternehmen der BGHM ist der Cobot-Planer ein ideales und zeitgemäßes Werkzeug. Das haben Tests in verschiedenen Betrieben gezeigt. So geht moderne Gefahrenprävention“, sagt Erik Sebastian, der das Projekt seitens der BGHM leitete. Nicht nur für Betreiberinnen und Betreiber von Arbeitsplätzen mit MRK könne die Applikation nützlich sein, erklärt er: „Auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit können sie beispielsweise zur Gefährdungsbeurteilung nutzen.“ Laut Professor Norbert Elkmann, Geschäftsfeldleiter Robotersysteme am Fraunhofer IFF, ist der Cobot-Planer zudem ein wichtiger Meilenstein, der den Engineering-Aufwand bei der Umsetzung von MRK-Applikationen deutlich reduziert.
In drei Schritten zum sicheren Roboter-System
Der Cobot-Planer ist als interaktive Web-Anwendung konzipiert, die den Versicherten in den Betrieben und allen weiteren Interessenten, die einen MRKArbeitsplatz planen, jetzt über www.cobotplaner.de kostenfrei zur Verfügung steht. „Über die intuitive Benutzeroberfläche des Cobot-Planers beschreiben Nutzerinnen und Nutzer in nur drei Schritten ihre Robotersysteme und die bestehenden Kollisionsgefahren. Anschließend simuliert der Cobot-Planer die Gefahrensituationen und ermittelt aus den Ergebnissen die maximal zulässigen Geschwindigkeiten, bei denen der Roboter die Grenzwerte aus ISO/TS 15066 noch einhält“, beschreibt Dr. Roland Behrens die Funktionsweise der Web-Anwendung, die über jeden aktuellen Internet-Browser nutzbar ist.
Da es sich bei den Eingabedaten der Anwenderinnen und Anwender durchaus um sensible Informationen handeln kann, sorgt eine strenge Richtlinie dafür, dass der Cobot-Planer Daten nicht dauerhaft speichert. Nutzerinnen und Nutzer können aber auf Wunsch alle Eingabedaten herunterladen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederverwenden. Die technologische Grundlage des Cobot-Planers bilden verschiedene Modelle, welche die Wirkung eines Kontaktes zwischen Mensch und Roboter präzise nachbilden. Zuvor bekannte Modelle waren ungenauer.
Zu den für den Cobot-Planer verwendeten Modellen zählen ein Gefährdungs- und ein Robotermodell sowie ein biomechanisches Modell des Menschen. Dank des parameterbasierten Robotermodells ist es grundsätzlich möglich, jeden Robotertyp, der sich für den kollaborativen Betrieb eignet, im Cobot-Planer zu verwenden. Die Modelle gehen auf verschiedene Studien und Projekte des Fraunhofer IFF zurück, an denen die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, die Klinik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und die BGHM beteiligt waren.
(Quelle: Gemeinsame Presseinformation der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) und des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF))
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