Forschung
Beim Projekt „QuKu-ML“ programmierten die Forscher*innen der TH Köln einen Roboter als zentrale Automatisierungseinheit und führten Tests zur Qualitätskontrolle durch. - © Cologne Cobots Lab/TH Köln
06.08.2024

Qualitätskontrolle beim Spritzgießen verbessern

Qualitätskontrolle beim Spritzgießen verbessern

Beim Spritzgießen entstehen Kunststoffprodukte mit optisch anspruchsvollen Oberflächen, unter anderem für die Automobilindustrie. Um fehlerhafte Teile zu entdecken, können Bildanalyseverfahren eingesetzt werden. Diese müssen bislang zeit- und kostenintensiv trainiert werden, da die Fehlerbilder sehr vielfältig sind. Daher ist die Einsatzfähigkeit von KI in der Produktion beschränkt. Um die Qualitätskontrolle zu verbessern und zu beschleunigen, hat die TH Köln gemeinsam mit zwei Industriepartnern eine automatisierte, kamerabasierte KI-Lösung entwickelt und erprobt. Beim Projekt „QuKu-ML“ programmierten die Forscherinnen und Forscher der TH Köln einen Roboter als zentrale Automatisierungseinheit und führten Tests zur Qualitätskontrolle durch.

„In der Kunststoffverarbeitung ist die schnelle Erkennung von Ausschuss von hohem Interesse, vor allem bei Bauteilen, die in großen Stückzahlen produziert werden. Hier KI-Anwendungen zu etablieren, ist aufgrund der Komplexität jedoch eine gewaltige Herausforderung. Insbesondere in der Qualitätskontrolle ist es sehr aufwändig, die notwendigen Trainingsdaten im laufenden Betrieb zu sammeln und zu verifizieren. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist dennoch sinnvoll, da eine manuelle Qualitätskontrolle lange dauert und fehleranfällig ist“, sagt Prof. Dr. Anja Richert vom Cologne Cobots Lab (CCL) der TH Köln.

Ziel des Projekts war es, die Qualitätskontrolle eines per Spritzguss hergestellten Bauteils für die Automobilindustrie mit Hilfe eines KI-Algorithmus zu vereinfachen. - © Cologne Cobots Lab/TH Köln
Ziel des Projekts war es, die Qualitätskontrolle eines per Spritzguss hergestellten Bauteils für die Automobilindustrie mit Hilfe eines KI-Algorithmus zu vereinfachen. © Cologne Cobots Lab/TH Köln
Abweichungen vom Sollbild identifizieren

Ziel des Projekts „QuKu-ML“ war es daher, die Qualitätskontrolle eines per Spritzguss hergestellten Bauteils für die Automobilindustrie mit Hilfe eines Algorithmus zu vereinfachen. Das Team der TH Köln programmierte zur Automatisierung dieses Prozesses einen Roboter, der das Bauteil in verschiedenen Positionen vor einer Kamera platzierte, so dass Bilder aus 16 verschiedenen Perspektiven entstanden. Mit einem finalen Datensatz aus insgesamt rund 1.600 Aufnahmen wurde eine Künstliche Intelligenz darauf trainiert, Abweichungen von einem mangelfreien Bauteil wie Kratzer, Risse, fehlende Strukturen oder Verformungen schnell zu erkennen.

Für eine möglichst effektive Anomalieerkennung analysierten die Forscherinnen und Forscher die Verteilung der Bildwerte bei sogenannten Anomalie-Heatmaps von rund 1.600 Bildaufnahmen. - © Cologne Cobots Lab/TH Köln
Für eine möglichst effektive Anomalieerkennung analysierten die Forscherinnen und Forscher die Verteilung der Bildwerte bei sogenannten Anomalie-Heatmaps von rund 1.600 Bildaufnahmen. © Cologne Cobots Lab/TH Köln

„Die Anomalie-Detektion bietet im industriellen Kontext eine Reihe von Vorteilen gegenüber der konventionellen Fehlererkennung. Letztere benötigen eine ausreichende Anzahl von Bildern, auf denen die jeweiligen Fehlertypen klar erkennbar sind. Die Mängel müssen dabei manuell markiert und beschriftet werden. Perfekte Teile sind im Vergleich zu mangelhaften Teilen meist in großer Stückzahl verfügbar. Also kann eine Künstliche Intelligenz angelernt werden, die Perfektion erkennt und Abweichungen von diesem Sollzustand schnell detektiert. Das Ergebnis ist eine Anomalie-Heatmap, auf der mangelhafte Bildbereiche hohe Anomaliewerte einnehmen, die farblich dargestellt werden können“, erklärt Nicolas Kaulen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am CCL.

Bildpunkte schaffen Klarheit

Für eine möglichst effektive Anomalieerkennung analysierten die Forscherinnen und Forscher die Verteilung der Werte der 1.600 Heatmaps, wie Kaulen ausführt: „Lag die Anzahl der Bildpunkte mit einem Anomaliewert über oder unter einem Schwellenwert, erkannte die KI eine Abweichung und gab den Befehl, das entsprechende Bauteil auszusortieren. Mit diesem Verfahren haben wir eine Treffergenauigkeit von 91 Prozent erreicht.“

Für die industrielle Serienfertigung ist dieser Wert allerdings noch zu gering. „Der Nachteil des Schwellenwertverfahrens ist, dass bei der Qualitätskontrolle etwas mehr Produktionsausschuss entsteht. Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass Schmutzpartikel, die in den meisten Fällen kein Risiko für den technischen Ablauf darstellen, vom Algorithmus trotzdem als Anomalie wahrgenommen werden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um die Detektionsmethode zu verfeinern“, so Richert. In einem Folgeprojekt sollen die Erkenntnisse vertieft und auf weitere industrielle Anwendungen übertragen werden.

Über das Projekt

Das Projekt „QuKu-ML: Kamerabasierte Qualitätsbewertung beim Kunststoff-Spritzguss mit Hilfe von ML-Strategien“ wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Anja Richert vom Cologne Cobots Lab der TH Köln durchgeführt. Die Forscher*innen programmierten den Roboter als zentrale Steuerungseinheit und führten die Tests zur Qualitätskontrolle durch. Der Konsortialführer SHS plus GmbH beschäftigt sich mit der Optimierung von Prozessen, Produktqualität und Effizienz in der Kunststoffverarbeitung. Die sentin GmbH ist ein Unternehmen, das sich auf Softwarelösungen mit Künstlicher Intelligenz für zerstörungsfreie Prüfungen (ZfP) und industrielle Inspektionen, zum Beispiel Bildauswertung, spezialisiert hat. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt als Projektträger im Rahmen der Initiative „KMU-innovativ“ mit 897.126 Euro über drei Jahre gefördert.

Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 23.500 Studierende in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin.

(Quelle: Presseinformation der Technischen Hochschule Köln)

Schlagworte

AutomatisierungAutomobilindustrieKunststoffeKunststoffprodukteQualitätssicherungRobotikSpritzgießen

Verwandte Artikel

14.08.2024

Neue Absauglösung für brennbare und karzinogene Laserstäube

Das LAS 260 H/Ex von ULT wurde zur Absaugung und Filterung gesundheitsgefährdender Schadstoffe entwickelt, die bei der Laserbearbeitung von Kunststoffen und Metallen ent...

Absaugung Arbeitsschutz Arbeitssicherheit Filteranlagen Filtration Gesundheitsschutz Kunststoffe Laserstäube Metalle
Mehr erfahren
14.08.2024

Update: DVS 2203-1 „Prüfen von Schweißverbindungen an Tafeln und Rohren“

Mit Ausgabedatum August 2024 ist eine neue Fassung der Richtlinie DVS 2203-1 „Prüfen von Schweißverbindungen an Tafeln und Rohren aus thermoplastischen Kunststoffen: Prüf...

Fügen von Kunststoffen Kunststoffe Qualitätsssicherung Schweißtechnik
Mehr erfahren
Mit Laserstrahlschweißprozessen lassen sich auch große Stahlblechdicken bis 30 Millimeter fügen.
12.08.2024

Multi-Laserstrahlschweißprozess für maritime Fertigung

Das LZH forscht daran, Schweißen von dicken Blechen in der Schiffsfertigung prozesssicher zu machen. Dazu entwickeln die Wissenschaftler einen Multi-Laserstrahlschweißpro...

Dickbleche Digitaler Zwilling Laserschweißen Laserstrahlschweißen Maritime Technik Multi-Laserstrahlschweißen Qualitätssicherung Schiffsbau Schweißtechnik
Mehr erfahren
07.08.2024

Produktion im Produzierenden Gewerbe 06/2024

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe nahm nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juni preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,4 % gegenüber dem Vormonat zu.

Automobilindustrie Baugewerbe Chemieindustrie Elektrische Ausrüstungen Kfz-Teile Maschinenbau Metallerzeugnisse Produktion Wirtschaft
Mehr erfahren
06.08.2024

Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe 06/2024

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe im Juni gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 3,9...

Automobilindustrie Elektrische Ausrüstungen Fahrzeugbau Kfz-Teile Maschinenbau Metallbearbeitung Metallerzeugnisse Wirtschaft
Mehr erfahren