RWTH Aachen und BAM: Forschungsprojekt zur Senkung der Wasserstoffproduktionskosten durch neue Materialien und Fügetechniken
Wasserstoff gewinnt als Energieträger im Rahmen der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Die Herstellung von grünem Wasserstoff mit Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyseuren (PEM-Elektrolyseuren) ist aufgrund hoher Anlagenkosten noch sehr teuer. Eine vielversprechende Lösung zur Senkung dieser Kosten für Elektrolyseursysteme liegt in der Verwendung thermoplastischer, faserverstärkter Kunststoffrohre für die gesamte Anlagenperipherie, um teure Stahlwerkstoffe zu ersetzen. Diese Substitution bietet ein enormes Einsparungspotenzial, unterstützt durch automatisierte Fertigungsverfahren und effiziente Verbindungstechniken, welches durch das Forschungsprojekt "PolyH2Pipe" adressiert wird. Dieses wird in Kooperation zwischen dem Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV), dem Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF) der RWTH Aachen sowie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in drei gemeinsamen Projekten im Rahmen des AiF-Leittechnologieprojekts "PolyH2Pipe" (IFG-Vorhaben 63-65 LN) realisiert.
Rohrherstellung
Eine Beständigkeit rein thermoplastischer Rohrleitungssysteme ist bei den in Elektrolyseuren auftretenden Prozessbedingungen wie Innendrücken von bis zu 50 bar, Temperaturen bis 100°C und den verwendeten unterschiedlichen Medien nicht gegeben. Aus diesem Grund werden im Rahmen des Projekts mehrschichtige Rohrsysteme entwickelt. Die Außenseite von Thermoplastrohren werden mit einer Kunststoff-Glasfaser Laminatschicht, deren Matrix aus demselben Werkstoff wie das Thermoplastrohr besteht, im Tapewickelverfahren verstärkt. Somit wird die benötigte Innendruckfestigkeit bei der Führung verschiedener wasserstoffhaltiger Medien wie H2/H2O, O2/H2O, deionisiertes Wasser oder H2O/Glykol gewährleistet. Die Innenseite der Thermoplastrohre wird mit einer Plasmabeschichtung versehen, zur Reduktion der Permeation von Wasserstoff aus der Rohrleitung heraus sowie von Fremdionen von der Rohrleitung in das geführte Medium.
Das Fügen der Rohre
Da sowohl die Montage der Rohrsysteme als auch die Verbindung der einzelnen Anlagenkomponenten an die Prozessbedingungen der Wasserstoffherstellung (Temperatur, Druck und Medium) angepasst werden müssen, spielt der Fügeprozess eine essenzielle Rolle. Aus diesem Grund werden sowohl das Schweißen als auch das Kleben als mögliche Fügeverfahren von Mehrschichtverbundrohren tiefergehend betrachtet. Beide Verfahren bieten das Potenzial, großserientaugliche und reproduzierbare Fügeverbindungen herzustellen, die für eine Verringerung der wirtschaftlichen Markteintrittshürde für PEM-Elektrolyseure erforderlich sind. Das Schweißen von Mehrschichtverbundrohren erfolgt sowohl über das Heizelementstumpf- als auch über das Heizelementmuffenschweißverfahren. Die klebtechnischen Fragestellungen beschäftigen sich mit der gesamten Prozesskette, beginnend bei der Klebstoffauswahl über die Optimierung geeigneter, langzeitbeständiger Oberflächenvorbehandlungsverfahren bis hin zur Auslegung der Applikation in der Endanwendung.
Als Hilfselemente für die Schweiß- und Klebprozesse werden speziell auf die Prozesse angepasste Muffen entwickelt, um maximale Prozesssicherheit zu gewährleisten. Bei allen Fügeverfahren steht in erster Linie aber das Permeationsverhalten sowie die Beständigkeit über die Lebensdauer unter den Prozessbedingungen während der PEM-Eletrolyse im Vordergrund. Eine Bewertung dieser Kriterien erfolgt im Anschluss über die Bauteilcharakterisierung der gefügten Mehrschichtverbundrohre durch optische und mechanische Prüfmethoden. Eine topologische Charakterisierung sowie eine Quantifizierung der dadurch entstehenden Defekte wird mittels Tiefenzusammensetzung eines Auflichtmikroskops durchgeführt. Durch die mechanischen Prüfungen werden neben dem Zustand der Verbindungsfestigkeit auch mögliche Schwachstellen der Verbindung identifiziert. Zu diesem Zweck werden Zugprüfungen, Zeitstand-Innendruckprüfungen sowie Berstprüfungen durchgeführt. Zum Abschluss des Projekts werden sämtliche Erkenntnisse im realen Umfeld erprobt, um so den schnellen Transfer in die industrielle Anwendung und die Wirtschaft zu fördern.
Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Quelle und Ansprechpartner:
Institut für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen; Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann; Prof. Dr. rer. nat. Rainer Dahlmann; Patricia Fatherazi, M. Sc.; RWTH Aachen Telefon: +49 80-93806, E-Mail: zentrale@ikv.rwth-aachen.de sowie Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF); Prof. Dr.-Ing. Uwe Reisgen; Dr.-Ing. Alexander Schiebahn; Maximilian Heym, M. Sc.; RWTH Aachen, Telefon: +49 80-96351, E-Mail: office@isf.rwth-aachen.de.
Schlagworte
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