Allianz Trade Studie: Energiepreise für deutsche Unternehmen 2023 rund 40 Prozent höher als vor der Krise
Zuletzt wieder sinkende Energiepreise schürten vielerorts die Hoffnung, dass das Schlimmste schon vorbei sein könnte. Doch den Energiepreisschock haben europäische Unternehmen 2023 noch vor sich. Der weltweit tätige Kreditversicherer Allianz Trade geht in seiner jüngsten Studie davon aus, dass die Energiepreise in diesem Jahr deutlich nach oben schnellen dürften. 2022 war der Anstieg für Unternehmen noch relativ überschaubar. Grund dafür waren die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sowie die laufenden Langzeitverträge der Unternehmen, die nur teilweise an kurzfristige Marktpreisentwicklungen gebunden sind. Mit der anstehenden Verlängerung dieser Verträge dürfte nun auch der Industrie ein deutlicher Preisanstieg ins Haus stehen.
„Energiepreise liegen für deutsche Unternehmen 2023 voraussichtlich rund 40 % höher als vor dem Ukraine-Krieg “, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Das ist eine Hausnummer. Aber die deutschen Unternehmen – und insbesondere der deutsche Mittelstand – sind krisenfest und solide finanziert. Zudem federt der staatliche Gaspreisdeckel die Preisentwicklung deutlich ab.“
Anstieg in Deutschland moderat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern
Im Vergleich zum Anstieg der Verbraucherpreise oder der zur erwartenden Entwicklung in anderen europäischen Ländern ist der Anstieg in Deutschland zudem immer noch vergleichsweise moderat.
„Für Italien und Spanien gehen wir davon aus, dass die Preise 2023 mit +90 % im Vergleich zu 2021 mehr als doppelt so stark in die Höhe schnellen“, sagt Bogaerts. „Das Schlimmste ist noch nicht vorbei für die europäische Industrie. Die große Angst vor einer Deindustrialisierung durch den Energiepreisschock ist allerdings unbegründet. Der Energieverbrauch macht nur einen kleinen Teil der Produktionskosten im verarbeitenden Gewerbe aus. Lohnkosten und Wechselkurse haben auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit einen viel größeren Einfluss.“
Sorge vor Deindustrialisierung durch Energiepreisschock unbegründet
Zuletzt ging verstärkt die Sorge vor einer Deindustrialisierung um, und die USA wurden als große Gewinner dieser Entwicklung gehandelt. Das Energiepreisgefälle zwischen Europa und den USA ist inzwischen tatsächlich relativ groß: Seit 2021 haben sich die Erdgaspreise in den USA um das Zweifache und in Europa um das Sechsfache erhöht.
Wettbewerbsfähigkeit: Lohnkosten und Wechselkurse fallen schwerer ins Gewicht
Der Energieverbrauch macht in der Regel jedoch nur etwa 1-1,5 % der Produktionskosten im verarbeitenden Gewerbe aus. Für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im Vergleich zu ihrem Pendant in den USA ist dies demnach nicht der entscheidende Faktor. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist viel stärker abhängig von Veränderungen der Arbeitskosten und des Wechselkurses. Allerdings könnte das Energiepreisgefälle zwischen Europa und den USA nach Einschätzung der Allianz Trade Studie teilweise zu Einbußen bei der Produktion und einem moderaten Stellenabbau führen, insbesondere in Spanien, wo die Industrie aktuell anfälliger erscheint als im restlichen Europa.
Energiekrise dämpft Investitionen und Rentabilität
„Die Energiekrise wirkt sich jedoch auf die Rentabilität und vor allem die Investitionen der Unternehmen aus“, sagt Maxime Darmet, Senior Volkswirt bei Allianz Trade. „Bei beiden Aspekten sehen wir aktuell einen Rückgang, vor allem in Frankreich, Spanien und Großbritannien. Auch hier zeigt sich die deutsche Industrie vergleichsweise robust und hat häufig entsprechende Puffer.“
Der aktuelle Energieschock dämpft die Unternehmensrentabilität um etwa -1 bis 1,5 Prozentpunkte (pp) und die Investitionsquote um 1-2 pp. Dies würde Investitionsverluste von 40 Mrd. EUR in Frankreich, 25 Mrd. EUR in Spanien und 25 Mrd. GBP im Vereinigten Königreich bedeuten. In Deutschland dürften die Investitionsverluste geringer ausfallen und unterhalb der 25 Mrd. EUR bleiben.
Einige europäische Branchen verlieren Marktanteile
„Allerdings beobachten wir, dass einige Branchen in Europa durchaus Marktanteile verlieren“, sagt Darmet. „Die Gewinner sind dabei jedoch nicht die USA, sondern vor allem Länder in Asien, Nordafrika sowie einige wenige Länder in Europa wie Irland und Polen.“
Die vollständige Studie (in englischer Sprache) kann hier heruntergeladen werden. Eine deutsche Zusammenfassung findet sich hier.
(Quelle: Pressemitteilung von Allianz Trade Deutschland)
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