Koppelmittel überflüssig: Neues Verfahren zur Ultraschallprüfung
Ultraschall hat sich als Methode für die zerstörungsfreie Materialprüfung durchgesetzt und spielt auch bei der industriellen Prozesskontrolle eine große Rolle. Die am weitesten verbreitete Ultraschall-Prüfmethode zur zerstörungsfreien Prüfung verwendet Piezo-Wandler und basiert auf der einseitigen Impuls-Echo-Methodik. Diese berührenden Prüftechniken lassen sehr hohe Prüffrequenzen zu, sind aber in der Regel auf ein flüssiges Koppelmittel angewiesen, was den Prüfaufbau verkompliziert und den Zeitaufwand erhöht. Auch bei der Prüfung von Punktschweißverbindungen im Karosseriebau sind Piezo-Wandler bisher oft das Mittel der Wahl. Eine Automatisierung mit dieser Methode ist allerdings schwierig.
In enger Kooperation mit der Porsche Leipzig GmbH hat die Firma XARION Laser Acoustics aus Wien ein innovatives Prüfverfahren auf Basis des optischen Mikrofons entwickelt. Dieses ermöglicht eine berührungsfreie Ultraschallprüfung von Punktschweißverbindungen mittels Laser. Das optische Mikrofon wurde dazu gemeinsam mit einem ultraschallerzeugenden Laser in einen kompakten Prüfkopf integriert.
Herkömmliche Ultraschallverfahren: Bewährt, aber umständlich
Das erste Patent für die Ultraschallprüfung wurde bereits im Jahr 1942 erteilt. Seitdem hat sich diese zu einem variantenreichen Standardverfahren der zerstörungsfreien Prüfung von Materialien entwickelt. Alle Ultraschall-Prüfverfahren folgen dem gleichen Prinzip: Ein Ultraschallsignal wird in das Bauteil eingekoppelt, durchläuft das Material und wird detektiert. Unregelmäßigkeiten und Defekte im Material verändern dabei das Ultraschallsignal und können so festgestellt werden.
Die gängigste Methode zur Ultraschallprüfung basiert auf dem piezoelektrischen Effekt. Hierbei wird eine elektrische Wechselspannung an ein piezoelektrisches Material angelegt, das dadurch in Schwingung versetzt wird und Ultraschall aussendet. Umgekehrt wird zur Detektion des Prüfsignals das piezoelektrische Material durch reflektierten Ultraschall in Schwingung versetzt, was zu einer messbaren elektrischen Spannung führt.
Das physikalische Prinzip hinter den weit verbreiteten Piezo-Elementen ist das gleiche wie bei Kondensator-Mikrofonen für Musikaufnahmen: Schallwellen versetzen eine Membran oder piezoelektrisches Material in Schwingung, was in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Daraus ergibt sich ein Problem: Jeder Schwinger hat eine bevorzugte Eigenfrequenz. Will man nun möglichst hohe Empfindlichkeit, muss der Wandler genau auf seiner Eigenfrequenz betrieben werden, jegliche andere Frequenzinformation geht verloren. Zudem ist der Impedanz-Unterschied zwischen dem Piezo-Schwinger und dem Material auszugleichen, was durch ein flüssiges Koppelmittel gelingt.
Dazu sagt Dr. Matthias Brauns, Applikationsingenieur bei XARION: „Piezo-Elemente haben sich in der Ultraschallprüfung bewährt, aber das nötige Koppelmittel schränkt ihren Einsatzbereich ein. Wird die Prüfung zum Beispiel in einem Tauchbecken durchgeführt, ist dies insbesondere für Karosserien nicht praktikabel. Dann muss man auf sogenannte Squirter zurückgreifen, bei denen ein Wasserstrahl mit hohem Druck auf die zu prüfende Stelle des Bauteils geschossen wird, oder man muss ein Gel aufbringen. Das lässt sich schwer automatisieren oder durch Roboter ausführen.“ Er ergänzt: „Auch für offenporige oder für Korrosion anfällige Materialien ist flüssiges Koppelmittel ein Problem.“
Das optische Mikrofon von XARION beseitigt den Widerspruch zwischen breitbandig und koppelmittelfrei durch folgende Idee: Es besitzt keinen Schwinger. In einem einzigartigen, rein optischen Verfahren verändert der Schall die Wellenlänge eines Laserstrahls, der zwischen zwei kleinen Spiegeln hin und her reflektiert wird. Damit ändert sich auch die Helligkeit des ausgekoppelten Lichtes, was ohne den Umweg über eine mechanische Schwingung gemessen wird. So erreicht das optische Mikrofon eine Frequenzbandbreite, die mindestens zwanzig Mal größer ist als die jedes anderen Ultraschallsensors.
Mit diesem neuen Sensor kann in Anwendungsbereiche vorgedrungen werden, die bisher messtechnisch nicht umsetzbar waren. Insbesondere kann auf jegliches Koppelmittel verzichtet werden, und die berührungslose Prüftechnologie lässt sich auf einen Roboter montieren. Der glasfasergekoppelte Sensorkopf ist dabei nur wenige Millimeter groß und kommt damit auch an schwer zugängliche Stellen.
Automatisierung der zerstörungsfreien Prüfung von Schweißpunkten
Die Automobilherstellung ist bereits hochautomatisiert. Allerdings wird ein wichtiger Fertigungsschritt noch immer mit hohem personellen Aufwand geprüft: „Das Widerstandspunktschweißen stellt das dominierende Fügeverfahren im Fahrzeugkarosseriebau dar. Um die Konformität in Bezug auf die Festigkeit des Gesamtfahrzeuges jederzeit zu gewährleisten, werden alle Fügeverbindungen stichprobenartig in jeder Schicht geprüft. Jede Karosserie hat 6.000 solcher Widerstandsschweißpunkte, deren Qualitätsprüfung bisher manuell durch einen qualifizierten Prüfwerker erfolgt. Das Einsparpotential und die Objektivität des Prüfergebnisses durch eine Automatisierung der zerstörungsfreien Prüfung ist hier wirklich enorm“, erläutert Nico Lehmann von der Porsche Leipzig GmbH.
Beim Widerstandspunktschweißen von Karosserieblechen werden die Fügepartner mit einer Zange an einem Punkt zusammengepresst, während ein hoher elektrischer Strom durch die Elektroden der Schweißzange fließt. Resultierend aus der Widerstandserwärmung entsteht zwischen den Blechen eine punktförmige Schweißlinse, welche beide Bleche stoffschlüssig miteinander verbindet. Der Durchmesser der Schweißlinse ist das entscheidende, innere Qualitätsmerkmal: „Bei einem zu kleinen Linsendurchmesser leidet die Gesamtfestigkeit des Bauteils und genügt unseren hohen Qualitätsanforderungen sowie den Produktionsnormen nicht. Der Schweißlinsendurchmesser ist visuell nicht sichtbar, weshalb wir den Mindestdurchmesser regelmäßig mit konventionellem Ultraschall nachweisen“, so Nico Lehmann von Porsche.
Manuelle Ultraschallverfahren haben sich durch ihre Zuverlässigkeit für die zerstörungsfreie Schweißpunktprüfung bewährt. Hierbei wird ein Ultraschallsignal im zu prüfenden Bauteil eingekoppelt, das sich dann in diesem ausbreitet. Der Schweißpunkt beeinflusst die Schallausbreitung, sodass man durch das Abtasten des Schweißpunktes seinen Linsendurchmesser „hören“ kann. Auch hier werden dabei Piezo-Elemente eingesetzt. Das Koppelmittel und die Empfindlichkeit gegen kleine Fehler in der Ausrichtung des Prüfkopfes haben bisher eine Automatisierung der Ultraschallprüfung verhindert.
Aufgrund der hohen Prozessstabilität genügt es zwar, stichprobenartig nur einige Prozent der Schweißverbindungen zu prüfen, trotzdem ist der Zeitaufwand von ca. 30 Sekunden pro Prüfpunkt relativ hoch. Das Prüfergebnis ist subjektiv und wird von den Fähigkeiten und der Erfahrung der Prüfwerker beeinflusst. Bei einer dreischichtigen Tagesproduktion von insgesamt 500 Karosserien mit jeweils 4.000 Schweißpunkten ließen sich mit fünf Prüfwerkern pro Schicht 12.000 Schweißpunkte prüfen, was einer Prüfhäufigkeit von nur 6 Promille entspricht.
Laserfertigungsprozesse überwachen: Breitbandig und berührungsfrei
Ultraschall kann neben der zerstörungsfreien Materialprüfung auch zur Überwachung von Industrieprozessen eingesetzt werden. „Jeder, der schon mal in einer Produktionshalle war, weiß, wie laut es dort in der Regel ist. Weniger bekannt ist, dass dieser Luftschall auch wertvolle Informationen darüber liefern kann, ob zum Beispiel ein Maschinenlager verschlissen ist oder ein Schweißprozess abläuft wie gewünscht“, erklärt Ryan Sommerhuber, Spezialist für Prozessüberwachung bei XARION Laser Acoustics.
Um aus der komplexen Geräuschkulisse genau die Informationen zu filtern, die wichtig sind, ist die hohe Frequenzbandbreite des optischen Mikrofons entscheidend: „Der typische Maschinenlärm beschränkt sich in der Regel auf den hörnahen Ultraschall bis zu hundert Kilohertz“, führt Ryan Sommerhuber aus. „Prozessgeräusche hingegen erzeugen akustische Signale im höherfrequenten Bereich mehrerer hundert Kilohertz. Das optische Mikrofon kann den gesamten Frequenzbereich von wenigen Hertz bis zu einem Megahertz gleichzeitig erfassen, und so beide Bereiche voneinander entkoppelt überwachen.
Während Maschinengeräusche zum Beispiel den Zustand von Lagern liefern können, dienen die hochfrequenten Signalanteile zur Überwachung des Prozesses selbst.“ Mit ihnen kann etwa die Fokuslage des Lasers beim Laserschweißen oder das Laser-Pulverbettschmelzen überwacht werden. Auch Rissbildung wird so zuverlässig erkannt. Die Prozessgeräusche unterschiedlicher Maschinen überlagern sich dabei gegenseitig nicht: „Die für uns relevanten Prozesssignale mit Frequenzen mehrerer hundert Kilohertz werden innerhalb einiger zehn Zentimeter von der Luft so stark gedämpft, dass unsere Prozessüberwachung gegenüber weiter entfernten Störquellen robust ist“, so Sommerhuber.
Das optische Mikrofon: völlig neue Möglichkeiten
Breitbandig, berührungsfrei, kompakt: Die Kombination dieser Eigenschaften macht das optische Mikrofon weltweit einzigartig in der Ultraschall-Messtechnik. Die Automatisierung der Schweißpunktprüfung konnte so in einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt zwischen XARION Laser Acoustics und der Porsche Leipzig GmbH vorangetrieben werden, was enorme Einsparpotentiale bietet. In der Prozessüberwachung wiederum bietet die breitbandige Messung von Luftultraschall neue Einblicke in die Prozessqualität von innovativen Fertigungstechniken wie dem Laserschweißen.
(Quelle: Presseinformation der XARION Laser Acoustic GmbH)
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